Zwei Kantonsrätinnen kritisieren, der Thurgau betreue unbegleitete minderjährige Asylsuchende nicht angemessen. Der Kanton weist den Vorwurf zurück. Derzeit leben 48 auf sich alleine gestellte Asylsuchende unter 18 Jahren im Thurgau.
FRAUENFELD. Die Kantone handhaben die Betreuung und die Unterbringen von minderjährigen Asylsuchenden unterschiedlich. Im Thurgau bestünde Handlungsbedarf, sie in angemessene Obhut zu geben, finden die beiden Kantonsrätinnen Brigitta Hartmann (Grüne, Weinfelden) und Barbara Kern (SP, Kreuzlingen). In einer Einfachen Anfrage kritisieren sie, dass im Thurgau keine ordnungsgemässe Betreuung der minderjährigen Flüchtlinge aufgegleist sei. Diesen Vorwurf weist nun der Regierungsrat in der Beantwortung der Anfrage zurück.
Seit 1986 erfüllt die von den beiden Landeskirchen getragene Peregrina-Stiftung einen Leistungsauftrag für die Betreuung der Asylsuchenden im Kanton. Ein besonderes Augenmerk legte die Stiftung in den vergangenen Monaten auf die Kinder und Jugendlichen, deren Flucht ohne Begleitung ihrer Eltern im Thurgau endete. Die Zahl dieser Personengruppe steigt laufend an. Derzeit leben 48 unbegleitete Asylsuchende unter 18 Jahren im Thurgau.
Seit März gebe es im Thurgau ein spezielles Konzept der Peregrina-Stiftung zur Unterbringung und Betreuung der minderjährigen Asylsuchenden, schreibt die Kantonsregierung. «Das Konzept entspricht weitgehend den Empfehlungen der Konferenz der kantonalen Sozialdirektoren zu unbegleiteten minderjährigen Kindern und Jugendlichen aus dem Asylbereich vom 20. Mai 2016.» Im Thurgau würden, im Gegensatz etwa zum Kanton St. Gallen, keine auf sich gestellte Minderjährige an die Gemeinden verteilt werden. Sie bleiben in der Obhut der Stiftung Peregrina.
«Die Stiftung Peregrina macht eine super Arbeit», sagt Barbara Kern. Der Kanton laufe hingegen Gefahr, sich selber allzu sehr auf dem auszuruhen, was die Stiftung leiste. Kern mahnt, die Peregrina könne nicht für alles verantwortlich sein. Es brauche etwa eine kantonale Koordinationsstelle, die auch als Anlaufstelle für involvierte Institutionen, Pflegefamilien, Schulen und Gemeinden fungiere. Eine bessere Vernetzung aller Akteure im Asylbereich sei nötig. Am Flüchtlingstag sei deutlich geworden, dass etwa Pflegefamilien oder Gemeinden mehr Support vom Kanton verlangten, weiss Kern. Ausserdem sei besonders für die unbegleiteten, minderjährigen Asylsuchenden mehr psychologische Betreuung nötig. Unabhängig von diesem politischen Vorstoss forderte auch schon der Verband Thurgauer Schulgemeinden mehr Unterstützung vom Kanton.
Aktuell leben im Thurgau zwölf Flüchtlinge unter 16 Jahren, die keine Bezugsperson haben. Aufgrund ihres schulpflichtigen Alters besuchen sie eine öffentliche Schule. Diese Jugendlichen wohnen alle zusammen in einem Haus mit einer Betreuerfamilie, die ebenfalls aus dem Asylbereich kommt und klar definierte Aufsichtsaufgaben wahrnimmt. Dort gelten besondere Verhaltensregeln und Präsenzkontrollen. Eine übergeordnete Betreuung obliege wiederum der Peregrina. «Mittels Notfallnummer kann die Familie rund um die Uhr mit einer Betreuerperson in Kontakt treten», schreibt der Regierungsrat.
Unbegleitete Minderjährige zwischen 16 und 18 Jahren (derzeit 36 Personen) leben in Durchgangsheimen. «Eine bestimmte Person aus dem Betreuerteam fungiert als Bezugsperson», schreibt die Regierung. Zusätzlich übernehmen Erwachsene aus dem Asylbereich die Aufsicht zu Rand- und Nachtzeiten, helfen beim Einkaufen, Kochen und bei Hausaufgaben. Ihnen steht zwar der Zugang zur öffentlichen Schule nicht mehr offen, sie besuchen jedoch eine von der Peregrina gegründete Schule. «Seit April sind auch Wochenendaufenthalte mit oder ohne Übernachtung bei einheimischen Familien in Planung und Umsetzung», heisst es in der Beantwortung weiter.