Ein gelernter Stromer eröffnete 1994 den ersten Kebap-Imbiss der Stadt – in den Räumlichkeiten einer ehemaligen Metzgerei. Das Rollen des Fladenbrots brachte er sich selbst bei.
Désirée Wenger
desiree.wenger@thurgauerzeitung.ch
«Wenn ein Kunde zur Tür reinkommt, weiss ich schon, was er will», sagt Mehmet Kasisari stolz. Im September vor 23 Jahren eröffnete der aus der Türkei stammende Kurde «Mehmet Kebap», der heute der älteste Kebap-Imbiss Frauenfelds ist. In seiner früheren Heimat hatte er Stromer gelernt. Diesen Beruf übte er auch hier in der Schweiz aus, wo er bei der Habersaat AG arbeitete. «Aber dann war Zeit für eine Veränderung, und ich habe einfach die Sache angepackt.»
Als Mehmet damals im Herbst 1994 sah, dass die Räumlichkeiten einer Metzgerei zur Vermietung frei waren, ging er kurzerhand hinein und stellte sich vor. «Ich hatte keine Ahnung, was ich genau tun sollte, ich habe einfach gemacht. Ist gut gekommen», sagt der dreifache Vater und lächelt. Es sei von Anfang an nicht schlecht gelaufen. «Und ich habe viele Kunden, die seit jeher zu mir kommen.» Einer davon ist Vilson Kengji. «Mehmet hat sich durch Qualität über Jahre eine Stammkundschaft geschaffen.» Seine Kunden seien ein bisschen wie eine grosse Familie, findet Mehmet. Er kenne sie alle beim Vornamen. «Darum muss ich oft gar nicht fragen, was sie wollen. Ich kenne all ihre Vorlieben.»
Auf Mehmets Karte befinden sich 39 Menus, unter anderem zahlreiche Pizze. «Aber die Klassiker verkaufen sich am besten: Döner, Dürüm und Döner-Box.» Letztere sei vor allem bei den Kantischülern sehr beliebt. «Ich habe aber auch viele Familien, die essen kommen.» Bei ihm seien alle willkommen. Der 53-Jährige mag seine Arbeit sehr, weil er die Diversität liebt. «Ich mag Menschen von allen Kulturen und Nationalitäten. Ich habe schon 73 verschiedene Ethnien hier drin gehabt.» Auch seine Mitarbeiter gehören dazu. Der eine arbeitet seit zehn Jahren bei Mehmet und ist Tamile, der andere ist erst seit einem Jahr dabei. «Er ist Flüchtling, und ich will ihm eine Chance geben, etwas arbeiten zu können», sagt Mehmet. Schliesslich habe man auch eine soziale Verantwortung als Geschäftsinhaber.
«Qualität, Frische und Freundlichkeit.» Das ist Mehmets Motto. Jeden Tag fängt er um neun Uhr morgens an. Erst backt er das Taschen- und Fladenbrot. Dazu brauche er nur Mehl, Salz, etwas Hefe und Wasser. «Das ist natürlich handgemacht. Immer frisch bei Mehmet», sagt er lachend und zeigt auf seine Visitenkarte. Auf der steht: «Mehmet Kebap mit frischem Brot».Während das Brot am Backen ist, rüstet er den Salat, schneidet die Tomaten und Zwiebeln und mischt die Cocktail- und Joghurtsaucen. «Ich bekomme den Salat von Kellermann aus der Region. Das ist gute Qualität. Aber zum Rüsten des Salats brauche ich am längsten.» Um elf Uhr kommen dann die ersten Kunden, und es herrscht Hochbetrieb bis etwa zwei Uhr. «Zwischen zwei und fünf ist es eher ruhig. Dann geht es wieder los bis um zehn, elf», erzählt Mehmet.
An speziellen Feierlichkeiten wie der Bechtelisnacht ständen er und sein Team auch noch lange nach Mitternacht hinter der Theke. «Auch wenn Kantischüler oder Jugendliche mal länger hier bleiben wollen, dürfen sie. Ist schon okay.» Tatsächlich ist Mehmets Imbiss ein guter Ort zum Entspannen. Neben der Theke führt eine Tür zur Oriental-Lounge. «Hier kommen immer viel Junge her. Zum Chillen», sagt Mehmet. Die Wände sind mit einer Wüste bemalt, es gibt gemütliche Poltersofas mit Tischchen, und links im Raum ist eine Bar. Auf dem Tresen steht eine Schischa. Wahrlich eine kleine Oase. «Das habe ich alles selbst neu gemacht, eine Eigenkreation.» Solch eine ist auch der Poulet-Kebap, den es in Frauenfeld nur bei Mehmet gibt. «Das ist was ganz Spezielles: Poulet-Kebap bei Mehmet», sagt Vilson Kengji.
Natürlich gibt es nebst dem Pouletspiess auch noch den normalen Kebapspiess aus Lamm- und Kalbfleisch. «Aber ich hab lieber Poulet», sagt Mehmet. «Im Döner, ohne nix, keine Sauce für mich.» Das Fleisch bezieht er von der Royal Döner GmbH aus Winterthur, so wie viele der Kebap-Imbisse der Region. Seine Döner seien ein gesundes Essen. «Es geht schnell und ist günstig, du hast Gemüse, Fleisch , Brot. Alles mit frisch und am besten mit scharf», sagt Mehmet. Tatsächlich: Ein Döner-Kebap, also Fleisch und Salat im Taschenbrot, kostet 8.50 Franken, und für dessen Herstellung braucht Mehmet nur zwei bis drei Minuten. Fleisch, Salat, Tomate – alles ins Brot, dann in den Ofen. Er fragt den Kunden, ob er hier isst oder nicht und kassiert ein. Dann piepst der Ofen, Mehmet nimmt den Döner raus – fertig. «Einfach und gesund.»
Das Rollen des Fladenbrotes hat sich Mehmet selbst beigebracht – sowie alles andere auch, was zum Imbiss gehört. «Das braucht nur ein bisschen Übung», sagt er, «Learning by Doing.» Er sei immer offen für Neues und nicht festgefahren. «Im Moment bin ich sehr zufrieden. Es läuft sehr gut, und meine Arbeit macht mich glücklich. Mal sehen, was die Zukunft bringt.»