Eine Thurgauer Gemeinde wollte die Zahnarztkosten einer Sozialhilfebezügerin ratenweise von deren Unterstützungsgeldern abziehen. Das Verwaltungsgericht stoppt jedoch diese Praxis. Sie sei rechtswidrig, eine gesetzliche Grundlage dafür fehle.
FRAUENFELD. Wer Sozialhilfe bezieht, muss nicht auf den Besuch beim Zahnarzt verzichten. Die Kosten dafür hat das zuständige Sozialamt zu übernehmen, hält das Thurgauer Verwaltungsgericht fest. Eine Gemeinde bezahlte zwar die Zahnarztkosten einer Sozialhilfeempfängerin, wollte aber den Betrag ratenweise von den Unterstützungsgeldern abziehen. Dagegen wehrte sich die Frau.
Das Vorgehen der Gemeinde sei rechtswidrig, entschied das Verwaltungsgericht in einem kürzlich publizierten Urteil. Diese Zahnbehandlung gehöre aufgrund ihrer Notwendigkeit zur medizinischen Grundversorgung. Eine gesetzliche Grundlage fehle, die dadurch entstandenen Kosten mit der Kürzung laufender Leistungen zu erstatten. Das Verwaltungsgericht hält zwar fest, dass gemäss Sozialhilfegesetz bezogene Leistungen zurückerstattet werden können. «Da die Beschwerdeführerin immer noch unterstützungsbedürftig ist, ist ihr eine Rückerstattung aktuell nicht zumutbar, auch nicht auf dem Wege einer Verrechnung», heisst es in der Begründung weiter. Leistungen können zwar bei Sozialhilfeempfängern gekürzt oder eingestellt werden, wenn diese Anordnungen der Behörden nicht befolgen oder Hilfe missbrauchen. Beides wird der Frau aber nicht vorgeworfen. Sie hat sogar vor ihrem Zahnarztbesuch eine Kostenschätzung verlangt und vorgängig bei der Gemeinde eine Übernahme der veranschlagten Kosten beantragt.
Dabei handelt es sich um verhältnismässig tiefe Zahnarztkosten. 388.50 Franken sollte der medizinische Eingriff kosten. Der effektive Betrag belief sich schliesslich gemäss Rechnung auf 290. 95 Franken, wie aus dem Gerichtsurteil ersichtlich wird.
Den ersten Rekurs der Sozialhilfebezügerin wies das kantonale Departement für Finanzen und Soziales ab. Die gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde hat das Verwaltungsgericht schliesslich gutgeheissen. Denn zusätzlich zum Grundbedarf für den Lebensunterhalt und den Wohnkosten gehöre gemäss Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe auch der Zahnarztbesuch zur materiellen Grundsicherung.