Tino Nüesch zeigt an der Fotoausstellung Photo16 seine Bilder. Der 16-Jährige aus Horn ist der jüngste Teilnehmer, der an der Werkschau in Zürich seine Bilder präsentieren darf. Seine Fotos, auf denen Leute wie Schatten wirken, haben der Jury besonders gefallen.
HORN. Wer das Elternhaus des jungen Fotografen betritt, kommt erst einmal kurz ins Grübeln: «Etwas fehlt immer», steht da in grossen Lettern auf einem Schild geschrieben. Doch auf Tino Nüeschs Bilder trifft das nicht zu, darauf fehlt nichts: Als jüngster Fotograf darf der 16jährige Horner Werke an der Photo16, der grössten Fotoausstellung der Schweiz, in Zürich ausstellen. 400 Fotografen haben sich für die Ausstellung beworben, rund 150 wurden auserkoren, darunter Nüesch. «Damit hätte ich nicht gerechnet, aber es macht mich schon ein bisschen stolz», sagt der etwas schüchterne Jungfotograf.
Nüesch sitzt am Esstisch im Wohnzimmer seines Elternhauses, das mit seinen grossen Räumen mehr einem Kunstmuseum gleicht: Überall stehen Statuen auf ihren Sockeln, an den Wänden hängen Bilder. Im Untergeschoss wird ein Lichtbild an die Wand projiziert. «Ja, meine Eltern sind ziemlich kunstinteressiert», sagt Nüesch. Da fällt der Apfel nicht weit vom Stamm: «Ich habe schon immer gerne gezeichnet und gemalt», sagt Nüesch. Er besucht zurzeit die Kunst- und Sportklasse an der Pädagogischen Maturitätsschule in Kreuzlingen. «Mit dem Fotografieren habe ich aber erst vor zwei Jahren begonnen, als mir meine Mutter eine Kamera geschenkt hat.» Seither versucht der Teenager, besondere Momente auf Bilder zu bannen. Das erfordere Glück und Geduld. «Meine Bilder wollen in erster Linie nicht durch Schönheit auffallen, sondern weil sie speziell sind», sagt Nüesch. Es gehe ihm um die besonderen Ereignisse, die er mit der Kamera eingefangen habe. «Ich versuche, den Betrachter mit meinen Bildern kurz innehalten zu lassen. Er soll sich fragen: <Was ist das? Was ist hier los?>.» Ein Konzept, das aufzugehen scheint. «Den Veranstaltern von Photo16 hat meine Technik, die Motive in der Dämmerung doppelt zu beleuchten, gefallen», sagt Nüesch. Seit er die Kamera hat, probiert Nüesch verschiedene Aufnahmetechniken aus. «Ich hatte die Kamera nie auf Automatik gestellt, sondern immer manuell damit experimentiert», sagt er.
Letztes Jahr verbrachte Nüesch fünf Monate in den USA. Er besuchte ein Auslandsemester an einer Highschool in Minnesota. «Das war eine super Erfahrung und natürlich hatte ich auch meine Kamera dabei», sagt er. Als es in einem Gartenrestaurant plötzlich zu regnen begann, hielten sich die Leute Speisekarten über ihre Köpfe. «Das war einer dieser besonderen Momente. Natürlich habe ich sofort abgedrückt», sagt Nüesch.
Vielleicht fehlt auf den Bildern von Tino Nüesch ja doch etwas. Und genau das soll der Betrachter durch Nachdenken für sich finden – wie ein fehlendes Puzzleteil. Über das Schild mit den grossen Lettern im Hauseingang sagt er: «Ich weiss auch nicht genau, wie das gemeint ist. Aber darüber nachdenken ist nett, oder?» ? ARBON 35