WEINFELDEN. Bei den verlorenen Anlagen der EKT Holding bei Lehman Brothers seien offenbar Zahlungen an den Finanzchef geflossen, sagte Regierungsrat Koch vor dem Grossen Rat.
Der Energielieferant EKT, ein Unternehmen des Kantons, verliert 28 Millionen, weil sein Ex-Finanzchef Anlagen bei der untergegangenen Investmentbank Lehman Brothers getätigt hatte. Der Finanzchef sitzt nun in Haft. Das sorgte auch in der Thurgauer Politik für Reaktionen. So trat Regierungspräsident Bernhard Koch am Mittwoch vor den Grossen Rat. Dabei konkretisierte er einige Punkte um den Finanzchef. Der Verdacht gegen ihn laute auf ungetreue Geschäftsführung. Aufgrund heutiger Erkenntnisse müsse davon ausgegangen werden, «dass der Finanzchef im Zusammenhang mit den Lehman-Anlagen Zahlungen entgegennahm», sagte Koch. Dies wurde bisher nur vermutet. Überdies habe der Finanzchef das Anlagereglement der EKT verletzt und dem Verwaltungsrat die eingegangenen Risiken verschwiegen.
Noch gibt der Regierungsrat nicht den gesamten Abschreiber verloren. Koch hofft, «dass aus dem Nachlass der Lehman Brothers in einigen Jahren eine Dividende fliessen dürfte». Fachleute würden diese auf 30 bis 60 Prozent der Verluste schätzen. Eine international tätige Anwaltskanzlei sei mit der Vertretung der Interessen der EKT gegenüber der untergegangenen Bank betraut worden, sagte Koch.
Am 15. September, dem Tag der Insolvenz der Lehman Brothers, habe der EKT-Direktor den Verwaltungsratspräsidenten Hansjakob Zellweger informiert, sagte Koch. Am 23. September zog Verwaltungsrat und Regierungsrat Kaspar Schläpfer Koch ins Vertrauen. Dieser ist in dieser Angelegenheit in den Ausstand getreten. Erst am 30. September wurde der Sachverhalt dem Gesamtregierungsrat eröffnet. Der Regierungsrat forderte daraufhin vom Verwaltungsrat einen ausführlichen Bericht. Der Fragenkatalog des Regierungsrates beinhalte Fragen über das interne Kontrollsystem der EKT Holding, sagte Koch vor dem Rat. Zum Wertschriftenverlust wolle der Regierungsrat wissen, wann die Anlagen getätigt wurden und wer dafür Verantwortung trage. Ebenso fragt der Regierungsrat, zu welchem Zweck der Ex-Finanzchef zwei Firmen gründete. Der Bericht der EKT soll im November vorliegen. Bis anhin wurde davon ausgegangen, dass er noch diesen Monat erscheinen werde.
Der Regierungsrat selbst habe als Vertreter des Kantons als einziger Aktionär weder Sorgfalts- noch Aufsichtspflichten, sagte Koch. Der Verwaltungsrat sei allein für die Aufsicht über die Geschäftsleitung verantwortlich. Der Regierungsrat steht aber hinter dem Verwaltungsrat: «Der Regierungsrat hat vollstes Vertrauen, dass der Verwaltungsrat alles darangesetzt hat, den Sachverhalt aufzuklären», sagte Koch weiter. Der Verwaltungsrat habe mit zweckmässigen Massnahmen seine Handlungsfähigkeit bewiesen. Ausserdem seien weder die Stromversorgung im Kanton noch die EKT Holding durch den Verlust gefährdet.