Eine sehr geheimnisvolle Geschichte

ÜBERLINGEN. Eine mysteriöse Sache hat sich in der Nacht vom Samstag auf den Sonntag, etwa um 1 Uhr, hier zugetragen. Der etwa 50jährige Elektroingenieur und Privatier Makley bewohnte seit 1884 eine hübsche Villa etwas seitlich vom Westbahnhof.

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ÜBERLINGEN. Eine mysteriöse Sache hat sich in der Nacht vom Samstag auf den Sonntag, etwa um 1 Uhr, hier zugetragen. Der etwa 50jährige Elektroingenieur und Privatier Makley bewohnte seit 1884 eine hübsche Villa etwas seitlich vom Westbahnhof. Ganz in der Nähe steht die Villa Heusch, die einem Privatier Schweien, der aber über den Winter in Stuttgart wohnt, gehört. Die beiden Herren galten als sehr gute Freunde und waren in der fraglichen Nacht beisammen. Dabei hat Makley den Schweien mit einer Browning-Pistole erschossen.

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Über die näheren Umstände der Tat wird folgendes bekannt: Makley soll mit der Tochter des Schweien ein Verhältnis gehabt haben. Am Freitag kam Schweien, der mit seiner Frau und Tochter in Stuttgart weilte, hierher zurück und lud Makley ein, mit ihm in seiner Villa eine Flasche Wein zu trinken. Dieser ist der Einladung gefolgt. Im Laufe der Unterhaltung soll Schweien erklärt haben, dass Makley seine Tochter ehelichen könne, er möchte jedoch eine testamentarische Sicherstellung, da man nicht wissen könne, was vorkomme. Makley liess sich nach Festsetzung des Testamentes herbei, dasselbe zu unterschreiben. Nach Erledigung dieser Angelegenheit soll Schweien den Makley veranlasst haben, mit ihm ins Badezimmer zu gehen, wo angeblich etwas an der elektrischen Leitung fehle. Als Makley mit der Untersuchung des Fehlers an der Leitung auf einem Stuhl stehend beschäftigt gewesen, soll ihn Schweien plötzlich in die mit Wasser gefüllte Badewanne gestossen und versucht haben, ihm den Kopf unter Wasser zu halten. Makley scheint sich über die Situation sofort klar gewesen zu sein, griff nach seiner Pistole und schoss drei Schüsse auf seinen Gegner ab, der dann sofort neben der Badewanne tot niedersank. Alsdann begab sich Makley in den vollständig durchnässten Kleidern nach der Polizeistation, wo seine Verhaftung erfolgte.

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Am gestrigen Sonntag nahmen Amtsgericht und Staatsanwaltschaft von Konstanz eine peinliche Untersuchung vor, die das Resultat hatte, dass am Nachmittag Makley aus der Untersuchungshaft entlassen wurde. Es soll festgestellt worden sein, dass er sich in Notwehr befunden habe. Es steht fest, dass Schweien, ein starker Mann, den Makley mit raffinierter Planmässigkeit in der gefüllten Badewanne ertränken wollte, um das Opfer dann in den See zu werfen. Darauf lässt auch die in der Nähe der Villa bereitstehende Gondel, in der sich Seile und ein Stein befunden haben, schliessen.

Zwei Testamente sind gefunden worden, die Makley unter dem Einfluss des wahrscheinlich verstärkten Alkohols nach Diktat geschrieben hat, und zwar zugunsten der Tochter des Erschossenen.