Ein militärisches Gmüeswägeli

Beim kupfernen Ofen, der in Berlingen gefunden worden ist, handelt es sich um einen mobilen Armee-Kochherd Modell 1939. TZ-Leser Hans Campolongo aus Uetikon am See kennt die Küche noch aus seiner Dienstzeit als Motorfahrer.

Kathrin Meier
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Der Kochherd Modell 1939, hier noch an seinem ehemaligen Aufbewahrungsort in Berlingen, lagert nun in Schönenberg. (Bild: Kathrin Meier)

Der Kochherd Modell 1939, hier noch an seinem ehemaligen Aufbewahrungsort in Berlingen, lagert nun in Schönenberg. (Bild: Kathrin Meier)

BERLINGEN. Vor kurzem erschien an dieser Stelle ein Artikel über eine mutmassliche Militärküche mit Holzbefeuerung, Wasseranschluss und zwei grossen Töpfen. Niemand konnte sich erinnern, wie das Vehikel den Weg ins Fuchsloch, die Berlinger Entsorgungsstelle, gefunden hatte. Keiner vermisste es.

Auch Hans Campolongo aus dem zürcherischen Uetikon am See hatte den Artikel gelesen. Seine Schwiegermutter, die in seiner Nähe wohnt, stammt aus Salenstein und hat deshalb hiesige Zeitungen abonniert. Daraufhin schickte Campolongo der Thurgauer Zeitung ein E-Mail, darin angehängt: die Betriebsanleitung des militärischen Kochherds Modell 1939.

Zum Abschmecken anhalten

Campolongo, Jahrgang 1938, war im Dienst Motorfahrer. Er absolvierte im Jahr 1959 die Rekrutenschule in Ceneri und ein Jahr darauf die Unteroffiziersschule in Frauenfeld. Zu seinen Aufgaben gehörte es damals auch, das «Gmüeswägeli» zu fahren, einen leichten Lastwagen, auf dessen Brücke die besagte Militärküche aufgebaut war. Auch die war durchaus auch während der Fahrt in Betrieb.

Campolongo erinnert sich daran, wie der Küchenchef unterwegs anhalten liess – dann nämlich, wenn er das Gulasch rühren oder den Spatz abschmecken wollte. Die Küche wurde mit Holz befeuert. Das Feuer erwärmte Wasser und dieses zwei Kessel mit 110 Liter Inhalt.

Eine Partyküche auf Rädern

Campolongo weiss noch mehr: «Anfang der Siebzigerjahre musterte die Armee diese Küchen aus. Später habe ich dann eine ausgeschrieben gesehen.» Er besprach die Angelegenheit mit seiner Familie. Die Kinder seien begeistert gewesen, und er habe sie vom Zeughaus in Uster für fünftausend Franken gekauft, inklusive Anhänger, auf dem die Küche fest montiert ist.

Seither gehört die Militärküche 39 zur Familie Campolongo. Steigt irgendwo ein grösseres Familienfest, ist die Küche dabei. Ob Risotto, Gulasch oder anderes, kochen lasse sich damit fast alles. Aufpassen müsse man lediglich, dass nichts anbrenne. Und natürlich die Betriebsanleitung genau befolgen.

In Gamellen serviert

Campolongos mobile Küche wird aber auch bei Betriebsfesten verwendet. Ein Riesenfest habe es gegeben, als die Küche in einem Altersheim eingesetzt wurde und die Bewohner aus den 200 Gamellen assen, die er zum Ofen gleich mitgekauft hatte. «Die Küche einzusetzen, lohnt sich nur für Feste mit mehr als 50 Personen», weiss Campolongo. «Sonst ist der Aufwand zu gross, sie wieder sauber zu machen.»

Ende Juli veranlasste die Gemeinde Berlingen den Abtransport des kupfernen Ofens nach Schönenberg, wo die Denkmal Stiftung Thurgau ihn seither aufbewahrt. «Wir sind gerade damit beschäftigt, die Küche zu putzen, damit sie nicht mehr so streng riecht», sagt Mitarbeiter Sepp Kesseli. Die Stiftung bewahrt derlei alte, aber noch brauchbare Gegenstände auf, bis sich jemand für sie interessiert.

Wer Interesse hat an der Küche, darf sie sich in Schönenberg anschauen, je nach Verwendungszweck auch erstehen. Über den Preis kann Kesseli keine Angaben machen. Der Preis hänge davon ab, wofür die Küche verwendet werden soll, ob für gewerbliche oder für private Nutzung.

Hans Campolongo kocht an Familienfesten mit dem Kochherd Modell 1939 (Bild: pd)

Hans Campolongo kocht an Familienfesten mit dem Kochherd Modell 1939 (Bild: pd)

Zweisprachige Betriebsvorschrift für den Kochherd Modell 1939. (Bild: pd)

Zweisprachige Betriebsvorschrift für den Kochherd Modell 1939. (Bild: pd)