Gewässerkorrektionen führen zu grossem Kulturlandverlust. Die Neue Bauernkoordination will nun im Thurgau mit einer Initiative dafür sorgen, dass das verlorene Land wenigstens durch gleichwertiges ersetzt wird.
FRAUENFELD. Es gilt für alle: Die Gewässerschutzgesetzgebung des Bundes verpflichtet die Kantone, entlang der Gewässer Freiräume auszuscheiden. Die Planung dieser Revitalisierung von Bächen ist im Kanton Thurgau abgeschlossen. Doch es regt sich Widerstand: Die Neue Bauernkoordination hat zusammen mit dem Bund der Steuerzahler Anfang Mai die Initiative «Kulturlandschutz bei Gewässerkorrektion» lanciert.
Die beiden Gruppierungen beklagen, dass durch die Gewässerkorrektionen wertvolles Kulturland verlorengeht. Ein konkretes Beispiel ist das Projekt Thurkorrektion Weinfelden-Bürglen, mit dem nicht nur eine Revitalisierung erreicht, sondern der Schutz vor Hochwasser gewährleistet werden soll. Hans Stalder, Präsident der Neuen Bauernkoordination, erklärte bereits im letzten Oktober, dass er 2,6 Hektaren seines wertvollen Ackerlandes entlang der Thur dem Fluss überlassen soll. Das würde seinen Betrieb sensibel treffen. Er ist nicht der einzige: Beim kantonalen Departement für Bau und Umwelt (DBU) sind insgesamt 16 Einsprachen gegen das Projekt eingegangen. 12 der Einsprachen sind noch hängig.
Marco Baumann, Leiter Wasserbau beim DBU, betonte aber kürzlich, dass kein Kulturland verlorengehen sollte. Es heisse in der Gewässerschutzverordnung, dass für von Baumassnahmen betroffenes, ackerfähiges Kulturland Realersatz geschaffen werden müsse. Doch das reicht der Neuen Bauernkoordination nicht. In der Initiative fordert die Vereinigung zum einen, dass die Korrektion eines Baches oder eines Flusses nicht zum Verlust von Kulturland führen darf – ausser es liegen wichtige Gründe vor, die dem Interesse der Erhaltung von Kulturland, von landwirtschaftlicher Nutzfläche und von Fruchtfolgefläche vorgehen. Ist der Verlust jedoch unvermeidbar, dann soll aber mehr als nur ein Realersatz geschaffen werden. Es soll eine gleich grosse Fläche von Kulturland geschaffen werden, das auch qualitativ ähnliche Bedingungen aufweist wie jenes, das verlorengegangen ist.
Mit einer Initiative hatte Stalder bereits letzten Herbst gedroht. Denn die Bauern hätten sich schon zu Beginn der Planung der Thurkorrektion vor zehn Jahren eingebracht und eine kostengünstige Variante vorgeschlagen. Doch man habe sie übergangen. Stalder hatte damals gesagt, dass sowieso alles bleiben könnte, wie es ist.
Um Weinfelden vor Hochwasser zu schützen, müsse man nämlich den Damm auf der Nordseite pflegen, was jetzt nicht geschehe. Die Initianten deuten an, dass es noch um mehr gehe. Sie wollen sich jedoch noch nicht dazu äussern, sondern die Medien nächste Woche bei einer Besichtigung informieren.
Die Initiative kann das Thurprojekt aber wohl nicht verhindern. «Das Projekt wurde vom Grossen Rat genehmigt», sagt Regierungsrätin Carmen Haag, Vorsteherin des Departements für Bau und Umwelt. Wenn die Initiative aber angenommen werde, «dann müssen wir natürlich danach handeln».
Kulturland-Initiativen sind zurzeit im Trend. Der Thurgauer Regierungsrat hat erst kürzlich zwei Initiativen zum Kulturlandschutz – eine Gesetzes- und eine Verfassungsinitiative – zur Ablehnung empfohlen. Die Gesetzesinitiative erklärte er sogar für ungültig, da sie gegen übergeordnetes Recht verstosse.