SIRNACH. Nicolas und Gian Cadonau gehören nicht einfach zum Circus Balloni, weil der ihren Eltern gehört. Sie haben sich bewusst für den Zirkus entschieden, auch wenn sie die rote Nasen und akrobatischen Nummern den andern überlassen.
In der Villa Balloni geht es in diesen Tagen zu und her wie in einem Bienenhaus. Mehr als 40 Kinder sind am Proben für die Hauptaufführung, an der sie in den vergangenen Tage gefeilt haben. Ein Fototermin ist schwierig zu finden, Dagmar Cadonau, Herzstück im turbulenten Familienunternehmen, gönnt sich einen ruhigen Augenblick im Stübli. «Wir arbeiten alle sehr viel, aber ich kenne nichts anderes.»
Sie und ihr Mann, Lucas Pepe Cadonau, haben vor 23 Jahren den Schritt in die Selbständigkeit gewagt – und bis heute erfolgreich umgesetzt. Ihr Konzept, Animationswochen in Schulen durchzuführen und die Lehrkräfte ins Projekt zu integrieren, war damals noch unbekannt und ist bis heute erfolgreich. Man halte daran fest, auch wenn die Konkurrenz grösser geworden sei.
2010 haben sie 44mal eines oder, wie an einer grossen Messe, gleich vier ihrer eigenen Zirkuszelte aufgebaut. Insgesamt 8500 Kinder, Jugendliche und Erwachsene haben letztes Jahr mit ihnen Zirkus gemacht und insgesamt über 40 000 Zuschauer begeistert. «Unsere Arbeit macht uns stolz, das war ein Superjahr», sagt die Zirkusfrau, die vor allem für das Administrative zuständig ist.
Wenn Dagmar Cadonau über den Einstieg ihrer Söhne ins Familienunternehmen erzählt, leuchten ihre Augen: «So etwas darf man nicht planen, nur ganz im Geheimen hoffen.» Erst als sich der ältere Sohn Gian mit der Berufswahl auseinandersetzte und öfters vom Arbeitsort Zirkus sprach, realisierten die Eltern, dass er wirklich beim Zirkus bleiben will.
Seit bald drei Jahren lernt der heute 19-Jährige technisch begabte junge Mann das Handwerk eines Allrounders und Zirkustechnikers und leitet eigene Animationsprojekte. Im vergangenen Sommer begann der jüngere Sohn Nicolas (17) nach einem Au-pair-Jahr im Welschland und einem Praktikumsjahr eine kaufmännische Lehre unter der Fittiche seiner Mutter, die jetzt auch seine Lehrmeisterin ist. Mutter und Sohn sind sich schnell einig, wenn über mögliche Schwierigkeiten gesprochen wird: «Es geht extrem gut», erzählt Nicolas. Einzig das Abschalten nach der Arbeit sei nicht einfach. «Wir leben im Zirkus – auch in der Freizeit.»
«Wir profitieren enorm und sind überrascht, mit welcher Disziplin unsere beiden Söhne heute im Familienunternehmen mitarbeiten», sagt die Zirkusfrau. Dass es sie eher in die Werkstatt und an den Computer zieht als ins Scheinwerferlicht der Manege, ist für die Eltern in Ordnung.
Ob mit dem Engagement der Söhne auch der Generationenwechsel Circus Balloni eingeleitet ist, steht noch offen. «Wenn sie das möchten, sind wir glücklich, aber sie haben ihre Lern- und Wanderjahre noch vor sich und können sich später entscheiden.» Zeit dazu haben die Söhne genug, Dagmar und Lucas Pepe Cadonau denken noch lange nicht ans Aufhören.