Abgewiesene Asylbewerber, die noch immer im Thurgau sind, sollen in den Gemeinden untergebracht werden. Dagegen regt sich nun bei Hinterthurgauer Gemeindeammännern Widerstand.
REGION. Die Asylproblematik ist in diesen Tagen aktueller denn je – und betrifft auch unsere Region. Denn das Thurgauer Fürsorgeamt hat vor einigen Tagen in einem Rundschreiben kommuniziert, dass die Kapazitäten in den Durchgangsheimen erschöpft seien, die Nachfrage aber stetig steige. Darum werden nun den Gemeinden – auch im Hinterthurgau – zusätzliche Personen zugewiesen. Darunter können auch Menschen sein, die Nothilfe beantragt haben. Das sind jene Personen, deren Antrag auf Asyl abgelehnt wurde, die das Land wieder verlassen müssten, aber noch nicht ausgereist sind. Ihnen wird Nothilfe, also Nahrung und eine Schlafstelle, gewährt.
Diese Personen sollen nun gemäss dem Rundschreiben des Thurgauer Fürsorgeamts auch den Gemeinden zugewiesen werden. Dagegen regt sich Widerstand im Hinterthurgau. Vor allem Ivan Knobel, Gemeindeammann von Rickenbach, wählt deutliche Worte: «Rickenbach ist nicht der richtige Ort für Illegale.» Knobel fordert sogar, dass sich die Gemeinden gegen die Aufnahme ausreisepflichtiger Personen wehren sollten.
Der Rickenbacher Gemeindeammann vertritt die Auffassung, dass die Gemeinden mit diesen Personen nicht umgehen könnten und es unweigerlich zu Problemen kommen werde. «Die Gemeinden verfügen nicht über die notwendigen Ressourcen, um neben der Sozialhilfe ein paralleles Unterstützungssystem für Nothilfe zu betreiben.» Er würde den Ball am liebsten dorthin zurückspielen, wo er hergekommen ist. «Der Kanton hat es sich in dieser Thematik zu einfach gemacht. Für einen Golfplatz oder einen Freizeitpark kann Land eingezont werden. Wieso denn nicht für Ausländer?», fragt Knobel. In seiner Gemeinde halten sich derzeit acht Asylanten in der Kollektivunterkunft auf. Ihre Zukunft ist ungewiss. Zwei weitere Asylsuchende kommen möglicherweise schon bald dazu. In Bichelsee könnte der Bestand an Asylsuchenden von heute zwei auf deren vier verdoppelt werden. Gemeindeammann Beat Weibel sagt dazu: «Wir hatten bisher keine Probleme mit den Asylsuchenden. Es müssten jedoch nicht zwangsläufig mehr sein. Je mehr es von ihnen hat, desto eher kommt es zu Konflikten.» Ein weiteres Problem ist, dass sich die Gemeinde nun nach einer Unterkunft für die Asylsuchenden umschauen muss. Wo es Platz für sie hat, weiss Weibel noch nicht und sagt: «Man rennt nirgendwo offene Türen ein mit solchen Anfragen. Die Planung wird erschwert, weil man nicht weiss, wie lange diese Leute bleiben.»
Weibel stört sich daran, dass Personen, die das Land eigentlich verlassen müssten, in den Gemeinden aufgenommen werden sollen. «Dieser Entscheid ist nicht ganz verständlich. Keine Gemeinde in der Region hat die Kapazitäten dafür.»
Eine Veränderung könnte es auch in Tobel-Tägerschen geben, wo bis anhin noch keine Asylanten untergebracht sind, aber gemäss Kanton deren drei plaziert werden können. Gemeindeammann Roland Kuttruff zeigt für das Vorgehen des Kantons Verständnis: «Der Kanton hat keine eigenen Ländereien, und es ist klar, dass die Gemeinden Hand bieten müssen. Natürlich ist niemand erfreut darüber. Wenn diese Asylanten in einem Durchgangsheim sind, ändert sich die Problematik aber nicht.» Aus seiner Sicht ist diesbezüglich die Planbarkeit ein grosses Problem, und die Verantwortlichen der Gemeinde müssen sich Gedanken machen, wo sie Räume für die Asylbewerber mieten können.
Ähnlich sieht es Guido Grütter, Gemeindeammann von Münchwilen. In seiner Gemeinde sollen bis zu fünf neue Asylanten untergebracht werden. «Das sind Leute, für welche die Menschenrechte gelten. Wir können uns dieser Problematik nicht verschliessen. Was der Kanton nicht macht, bleibt halt an der Gemeinde hängen, auch wenn wir nicht erfreut sind», sagt Grütter. Für ihn ist es aber eine Frage der Machbarkeit. «Die Leute wollen betreut sein, da es sonst zu Konflikten kommt. In unserem Budget wenden wir fast die Hälfte für Gesundheit und Soziales auf. Alles hat seine Grenzen. Irgendwann ist das Boot voll.»