Den Kühen bekommt auch Akupunktur

Sämtliche Stühle der Sonderschau sind besetzt. Passanten bleiben stehen, und im improvisierten Gehege steht eine Kuh, eine der klassischen Braunvieh-Art, wie später zu erfahren ist. Was da gerade abläuft, ist die Rekonstruktion einer Sprechstunde für Grosstiere.

Fredi Kurth
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Tierarzt Matthias Diener zeigt Kindern, wie sie den Puls spüren. (Bild: Hanspeter Schiess)

Tierarzt Matthias Diener zeigt Kindern, wie sie den Puls spüren. (Bild: Hanspeter Schiess)

Sämtliche Stühle der Sonderschau sind besetzt. Passanten bleiben stehen, und im improvisierten Gehege steht eine Kuh, eine der klassischen Braunvieh-Art, wie später zu erfahren ist. Was da gerade abläuft, ist die Rekonstruktion einer Sprechstunde für Grosstiere. Danach wird in einem Film die Geburt eines Kalbs gezeigt, ehe Kinder unter Anleitung von Tierarzt Matthias Diener dem Vierbeiner den Puls messen dürfen: Die Sonderschau der Tierärztegesellschaft in der Halle 7.1 gehört zu den Olma-Attraktionen.

Den Fiebermesser im Gesäss

Dabei ist der Unterschied zu einer ärztlichen Untersuchung beim Menschen gar nicht so augenfällig. Nur dass der Grosstierarzt, wie früher noch der Hausarzt beim Patienten daheim, in diesem Fall im Stall erscheint. Die Körpertemperatur wird ebenfalls mit einem Fiebermesser festgestellt, der hinten im Gesäss der Kuh eingesteckt ist.

Kühe erkranken an den Klauen, am Euter und an den Lungen. Wenig erstaunt, dass die Wiederkäuer oft unter Magenbeschwerden leiden, haben sie doch nicht weniger als vier Mägen einverleibt. Die Kälber werden ab und zu per Kaiserschnitt zu Welt gebracht, und Vieh kann unheilbar krank werden. Die im Kanton St. Gallen mit Tuberkulose diagnostizierten Rinder sind ein aktuelles Beispiel dafür.

Auch bei den Tieren gibt es eine klassische Schulmedizin, wobei die Tierärzte eine Heilung eher mit Spritzen als mit Pillen anstreben. Weit verbreitet ist zudem die alternative Behandlung wie Homöopathie, Akupunktur und Bioresonanz.

Gestern hatte Conradin Largiadèr an der Olma Dienst. Der Engadiner, sesshaft in Egerkingen im Gastkanton Solothurn, ist sozusagen Allgemeinmediziner. Er sorgt sich um alle Arten von Säugetieren, von der Kuh bis zum Hamster. Die Freude, den Tieren helfen zu können, steht ihm ins Gesicht geschrieben, wenn er erzählt. Von den grossen Tieren behandelt er Rinder, Schafe, Geissen, Schweine, zuweilen Pferde.

Präsidentin aus St. Gallen

Dass es ihm das Herz bricht, wenn eine gesunde Kuh zum Schlachten geführt wird, verneint er indessen. «Es sind Nutztiere, ausserdem bin ich im Gegensatz zum Bauer zu weit weg vom konkreten Vorgang.»

Die Sonderschau hat lokalen Bezug: Julika Fitzi aus St. Gallen ist – als erste Frau – Präsidentin der Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte. Diese feiert das 200jährige Bestehen. «Nachwuchsprobleme haben wir keine», sagt Julika Fitzi, «doch wie bei den Hausärzten haben wir Mühe, auf dem Land genügend Tierärzte zu plazieren.» Über 90 Prozent der Absolventen an der Uni Zürich sind Frauen. Bei den Grosstierärzten ist der Anteil deutlich geringer.