«Das könnte ich niemals verantworten»

Der Rettungsdienst Weinfelden sei nicht mehr zu retten, glaubt Regierungsrat Bernhard Koch. Und er weist Kritik zurück, die Regierung bevorzuge die Spital Thurgau AG. Die Rettungsdienste sollen neu organisiert werden.

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Bernhard Koch Regierungsrat, Chef Departement für Finanzen und Soziales (Bild: Quelle)

Bernhard Koch Regierungsrat, Chef Departement für Finanzen und Soziales (Bild: Quelle)

Der Rettungsdienst Weinfelden arbeitete über viele Jahre ohne Beanstandungen. Warum liessen Sie ihn jetzt einfach fallen?

Bernhard Koch: Der Rettungsdienst Weinfelden wäre zu retten gewesen – aber nicht nur durch den Kanton. Wir machten die Verantwortlichen vor eineinhalb Jahren darauf aufmerksam, dass der Dienst die schweizerische Anerkennung einholen muss. Das ist leider nicht geschehen.

Der Rettungsdienst wirft sowohl der Zertifizierungsstelle wie dem Kanton vor, einseitig die Spital Thurgau AG zu privilegieren.

Koch: Das trifft nicht zu, ich muss diesen Vorwurf zurückweisen. Es handelt sich um eine schweizerische Vereinigung, die neutral ist. Sie achtet darauf, dass in den Kantonen nicht Einheimische die Zertifizierung vornehmen.

Allerdings fällt auf, dass sowohl vor wenigen Jahren in Bischofszell wie jetzt auch in Weinfelden die privaten Rettungsdienste verschwinden und die Spital Thurgau AG einspringt.

Koch: Dem Kanton ging es nie darum, der Spital Thurgau AG neue Aufgaben zu übertragen. Wir sind froh, dass die Spital AG so rasch handeln und den Rettungsdienst in Weinfelden sicherstellen konnte. Bis zum 30. September hätte der Rettungsdienst Weinfelden die Anforderungen erfüllen müssen, und das hat er nicht getan. Wir hatten gar keine andere Wahl. Es hätte einen Aufschrei gegeben, wenn der private Rettungsdienst weitergemacht hätte und etwas passiert wäre.

Hätte der Kanton nicht flexibler sein müssen? Weinfelden beteuert, an der Anerkennung zu arbeiten.

Koch: Wenn es eine Organisation während eineinhalb Jahren nicht schafft, die Anerkennung zu erreichen, können wir doch nicht am letzten Tag eine Bewilligung erteilen. Das könnte ich niemals verantworten. Ich glaube auch nicht, dass der Rettungsdienst Weinfelden nachträglich noch alle Kriterien erfüllen kann.

Hat es im Kanton überhaupt noch Platz für private Rettungsdienste?

Koch: Es gibt neben der Spital Thurgau AG weiterhin einen privaten Rettungsdienst, denjenigen des Herz-Neuro-Zentrums Bodensee. Dieser Dienst arbeitet problemlos mit der schweizerischen Anerkennung. Beide Dienste werden von uns gleich behandelt, und die Zusammenarbeit soll nun auch vertieft werden. Ich habe den Auftrag erteilt, ein altes Modell wieder aufzunehmen und die Bildung eines Rettungsdienstes Thurgau in die Wege zu leiten. Beim ersten Anlauf 2008 wäre auch der Rettungsdienst Weinfelden dabei gewesen. Doch an seinem Nein scheiterte das Projekt.

Was wären die Vorteile? Konkurrenz belebt das Geschäft.

Koch: Die Koordination wäre auf jeden Fall besser. Es gäbe im Thurgau einen Rettungsdienst unter einem Dach und mit einheitlichem Tarif. In welcher Form das Modell funktionieren würde, ist noch offen. Es ist eine Chance, wenn Spital Thurgau AG und das private Herz-Neuro-Zentrum als gleichberechtigte Partner zusammenarbeiten würden.

Die Kritik am Kanton hat mit seiner Rolle zu tun. Er hat die Aufsicht über das Gesundheitswesen, ist aber mit der Spital AG zugleich Anbieter. Ein Interessenkonflikt.

Koch: Mit der Ausgliederung der Spital Thurgau AG ist dieser Konflikt entschärft. Ich stelle im Gegenteil bei allen Verhandlungen fest, dass die Spital Thurgau AG eher den Eindruck hat, dass wir die privaten Anbieter bevorzugen. Bei der Spitalplanung etwa haben wir die Privatkliniken gut berücksichtigt, was jetzt auch meine Rückmeldungen bestätigen.

Interview: Marc Haltiner