«Das ist die teuerste Demo der Schweiz»

LIPPERSWIL. Am 1. April 2012 – just zur Eröffnung des Connylands – haben Tierschützer vor dem Freizeitpark für dessen Schliessung demonstriert. Für die Demo mussten die Organisatoren 500 Franken bezahlen. Zu viel, finden sie.

Maria Kobler-Wyer
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Am 1. April 2012 demonstrierten Tierschützer vor dem Connyland. (Bild: Donato Caspari)

Am 1. April 2012 demonstrierten Tierschützer vor dem Connyland. (Bild: Donato Caspari)

200 Franken Bewilligungsgebühr, 300 Franken für Feuerwehrpikett – ergibt Grundkosten von 500 Franken für die Demonstration vor dem Connyland. «So viel mussten wir noch nie zahlen», sagt Mit-Organisatorin Gaby Bühler gegenüber Tagblatt Online. «Das ist die teuerste Demo der Schweiz.» Die ProWal-Demo vom August 2011 habe die Organisatoren nur 250 Franken gekostet, sagt sie. «Das stimmt nicht», sagt Adrian König, Gemeindeammann von Wäldi. «Wir haben damals ebenfalls 200 Franken für die Bewilligung verlangt.»

Friedliche Demo
Die tatsächlichen Kosten für den Feuerwehreinsatz (Absperrarbeiten und Verkehrsregelung) habe die Gemeinde damals nicht in Rechnung gestellt, so König. Aufgrund dieser Erfahrungen habe die Gemeinde für die Demo vom 1. April von Gesuchstellerin Angie Neuhaus 900 Franken Depot verlangt. 600 Franken davon hat sie nach der Demo wieder zurückerhalten. «Die Demonstranten haben alles aufgeräumt», sagt König. «Wir hatten keine Beanstandungen.» Auch Mediensprecher Ernst Vogelsanger von der Thurgauer Kantonspolizei bestätigt, dass die Demo ruhig verlaufen sei.

«Fünf Stunden auf Platz»
Dennoch hat die Gemeinde 300 Franken für ein Feuerwehrpikett zurückbehalten. Unverständlich – finden die Organisatoren. «Die Feuerwehr musste nicht aufgeboten werden», sagt Gaby Bühler. Eine Nachfrage bei der Beratungsstelle der Zeitschrift «Beobachter» und beim «K-Tipp» habe ergeben, dass diese Praxis nicht rechtens sei. Und in einem Schreiben von Gesuchstellerin Neuhaus an Gemeindeammann König steht, dass die Polizei der Meinung war, dass die 900 Franken zurückbezahlt werden sollten, da die Feuerwehr nicht im Einsatz gestanden sei. «Für die Planung und das Aufgebot der Feuerwehr für einen allfälligen Einsatz sowie die Präsenz des Feuerwehrverantwortlichen -in Absprache mit der Polizei- während der Demo sind Kosten entstanden», sagt König. «Die Steuerzahler sind nicht mehr bereit, solche Kosten zu übernehmen.»

Rechtsgrundlage geprüft
Die Gemeinde Wäldi habe das Gesuch sauber abgeklärt. «Wir haben das sehr seriös gemacht», sagt Adrian König. «Zudem hat das Departement für Bau und Umwelt unsere Verfügung gestützt.» Organisatorin Angie Neuhaus hat nämlich gegen die Gebühren und die Zeitbeschränkung auf zweieinhalb Stunden Rekurs eingereicht – ist aber in allen Punkten abgeblitzt. Deshalb musste sie noch die Gerichtskosten von 450 Franken berappen. «Wir haben geprüft, ob eine Rechtsgrundlage vorhanden ist», erklärt Marco Sacchetti, Generalsekretär des Departements für Bau und Umwelt. Die 200 Franken Grundgebühr fallen laut Sacchetti unter das Strassen- und Weggesetz. «Es ist eine Gebühr für die Erteilung einer Bewilligung für gesteigerten Gemeingebrauch.» Die Rechtsgrundlage für die Erhebung eines Kostenvorschusses finde sich hingegen im Verwaltungsrechtspflegegesetz.

Zeitliche Beschränkung
Im Rekurs wehrten sich die Organisatoren nicht nur gegen die Gebühren, sondern auch gegen die Beschränkung der Demonstrationszeit. «Wir wollten von 10 Uhr bis 15 Uhr demonstrieren», sagt Gaby Bühler. «Die Leute sind nämlich aus der ganzen Schweiz, aus Deutschland und Ric O'Barry sogar aus den USA angereist.» Die Gemeinde gab aber nur eine Erlaubnis bis 12.30 Uhr. «Wenn niemand gestört wird, könnte die Gemeinde grosszügig sein. Da sollte es möglich sein, einen Tag lang zu demonstrieren», sagt der St.Galler Yvo Hangartner, emeritierter Professor für Staatsrecht. Für zeitliche Beschränkungen brauche es eine sachliche Begründung. «200 Franken Gebühren sind hingegen normal, wenn sich der Gemeinderat oder Beamte mit einem Gesuch befassen müssen», sagt Hangartner. «Ein Handwerker verlangt für seine Dienste auch Geld.» Für ihn geht das Feuerwehr-Pikett jedoch ebenfalls etwas weit. «Ich finde es problematisch, wie Gemeinden mit Gebühren Leute abschrecken, ihr Recht auf Demonstration und Rekurs wahrzunehmen», sagt er.


Kein Depot bei Demos in St.Gallen und Zürich
In der Stadt Zürich fanden im letzten Jahr rund hundert Demonstrationen, Kundgebungen und Mahnwachen statt. «Die Grundgebühr beträgt rund 200 Franken», sagt Marco Bisa, Mediensprecher der Stadtpolizei Zürich. «Ein Depot wird nicht verlangt.» In der Zeit von 22 Uhr bis 7 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen – Ausnahmen sind der 1. Mai und der 1. August – werden keine Demos bewilligt. Für die Bewilligung ist der Polizeivorsteher zuständig, der Organisator muss verschiedene Auflagen einhalten. «Während einer Demo muss der Organisator zum Beispiel immer erreichbar sein, es darf kein Geld gesammelt werden, das Vermummungsverbot muss eingehalten werden», sagt Bisa. Eine Demonstration dauere meistens zwei bis drei Stunden.
Etwa fünf- bis zehnmal pro Jahr wird in der Stadt St.Gallen demonstriert, wie Benjamin Lütolf, Mediensprecher der Stadtpolizei St.Gallen gegenüber Tagblatt Online sagt. «Die meisten Demos kosten um die 100 Franken», so Lütolf. Ein Depot wird nicht verlangt. «Wenn Veranstalter nach einer Demo eine Sauordnung hinterlassen, wäre es möglich, dass wir bei einer erneuten Anfrage ein Depot verlangen», erklärt Lütolf. Bisher sei das aber nie vorgekommen. Wie lange die Demo stattfinden darf hängt etwa davon ab, ob der öffentliche Verkehr blockiert wird, welche Plätze zugewiesen werden oder wie stark die Stadt belastet ist. «Vor Wahlen ist es schwieriger, da Plätze oftmals bereits durch Stände der Parteien besetzt sind», sagt Lütolf. Da könne es auch vorkommen, dass die Route geändert oder die geplante Demo auf ein anderes Datum verschoben werden müsse. «In der Regel versuchen wir aber, jede Demo zu bewilligen.»
In der Stadt Kreuzlingen findet etwa im Dreijahresrhythmus eine Demonstration statt. «Die Bewilligungsgebühr beträgt 50, maximal 100 Franken», sagt die stellvertretende Stadtschreiberin Janine Benz. «Ein Depot ist nicht üblich.» Ebenso gebe es keine zeitlichen Vorgaben. (maw)