Der Zürcher SVP-Kantonsrat Claudio Schmid, gegen den im Fall Hildebrand ebenfalls eine Strafuntersuchung läuft, wollte den Datendieb davon abhalten, mit den Unterlagen an die Öffentlichkeit zu gehen.
Im Fall Hildebrand fällt neben Hermann Lei der Name eines zweiten Kantonsrates: Claudio Schmid. Auch gegen ihn läuft eine Strafuntersuchung wegen Verletzung des Bankgeheimnisses und Verwertung von Geschäftsgeheimnissen.
Wie der Thurgauer Anwalt Hermann Lei gehört auch der Zürcher Politiker der SVP an, und wie Lei sass er bis jetzt in der kantonalen Justizkommission. Am Wochenende trat er von dieser Funktion zurück. Zu diesem Schritt sah er sich gezwungen, da er als Mitglied der Justizkommission die Zürcher Staatsanwaltschaft beaufsichtigt, die nun gegen ihn ermittelt. Diesem Interessenkonflikt wollte er zuvorkommen.
Bei Lei stehen zwar Rücktrittsforderungen im Raum. Die Situation ist aber eine andere, weil gegen ihn mit der Zürcher Staatsanwaltschaft eine ausserkantonale Behörde ermittelt. Ein direkter Interessenkonflikt wie bei Schmid besteht demnach nicht.
Kein Thema ist bei den beiden SVP-Kantonsräten bis jetzt der Rückzug aus dem Grossen Rat. Wäre ein laufendes Strafverfahren Grund genug für Rücktrittsforderungen, hätte das wohl schon andere Kantonsräte den Sitz gekostet.
Claudio Schmid spielt im Fall Hildebrand eine Rolle, weil der Datendieb aus dem Thurgau bei ihm Rat suchte. Die beiden hatten früher gemeinsam für die Zürcher Kantonalbank gearbeitet. Schmid warnte den IT-Spezialisten, der bei der Bank Sarasin Kontodaten des Nationalbankpräsidenten entwendet hatte. «Lass die Finger von der Sache. Das Ding ist zu gross, das macht Dich kaputt», hatte er gemäss «Tages-Anzeiger» zum Datendieb gesagt. Der IT-Spezialist, der sich immer noch in der Klinik Münsterlingen befindet, bestätigt diese Schilderung gegenüber unserer Zeitung. «Das war ein guter, freundschaftlicher Rat», sagt der ehemalige Sarasin-Mitarbeiter.
Schmid habe auch den Kontakt zu den «Blick»-Journalisten hergestellt. Wie der Datendieb sagt, habe er das Treffen mit ihnen nur wahrgenommen, um herauszufinden, wie viel die Journalisten bereits wissen. Zum Treffen erschien der Datendieb vermummt, die Journalisten sahen deshalb vorerst davon ab, über den Vorfall zu berichten.
Wie Hermann Lei wurde auch Claudio Schmid am Freitag von der Zürcher Staatsanwaltschaft am Arbeitsplatz aufgesucht und als Verdächtiger im Fall Hildebrand befragt. Claudio Schmid ist auch ausserhalb seines Kantons kein Unbekannter: Er sorgte schon einmal für Schlagzeilen, als er ein Telefongespräch ins Internet stellte, in dem ein von der Zürcher Justiz verwahrter Pädophiler erzählte, er werde im Hafturlaub kaum bewacht.
Als der Datendieb bei Claudio Schmid Rat suchte, hatte Lei längst Kenntnis von den Kontodaten. Er arrangierte ein Treffen mit Christoph Blocher und leitete diesem wie auch der «Weltwoche» später die Unterlagen weiter. Ob er dazu berechtigt war, ist Gegenstand der laufenden Strafuntersuchung.