Bruchbude mausert sich zu Bijou

Das Basadinger Doppelhaus aus der Renaissance ist fast fertig restauriert. Wie sich historische Räumlichkeiten mit modernem Wohnkomfort vertragen, zeigen Hausbesitzer und Architekt an einem Tag der offenen Tür.

Gudrun Enders
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Architekt Gabriel Müller studiert mit Samuel und Thomas Leu Pläne von dem 500 Jahre alten Doppelhaus. Es ist inzwischen samt altem Ziehbrunnen saniert. (Bild: Donato Caspari)

Architekt Gabriel Müller studiert mit Samuel und Thomas Leu Pläne von dem 500 Jahre alten Doppelhaus. Es ist inzwischen samt altem Ziehbrunnen saniert. (Bild: Donato Caspari)

BASADINGEN. Zwei Gläser eingemachte Bohnen haben die Arbeiten unbeschadet überstanden. Sie gehörten zur Hinterlassenschaft von Dorforiginal Züsä Noldi, der bis zu seinem Tod in zwei uralten Häusern in Basadingen lebte. Die Einmachgläser wanderten während der Restauration durch die Stube und verloren den Staub von Jahrzehnten. Inzwischen haftet frischer Staub an ihnen, denn soeben wurden Holzdielen abgeschliffen. «Es ist verrückt, dass die Gläser nicht zu Bruch gegangen sind», sagt Altbausanierer Thomas Leu aus Schaffhausen. Leu hat das Doppelhaus aus der Renaissance gekauft. Er und Sohn Samuel haben es nun mit viel Eigenarbeit hergerichtet.

Gabriel Müller, Altbauspezialist und Architekt, plante und beriet. Zudem unterhält Müller ein Lager an historischen Bauteilen, was von Vorteil war, als etwa zwei alte Fenster mit zwei weiteren passenden ergänzt werden mussten.

Nur Schuldscheine gefunden

Fast 500 Jahre hat das ältere Haus des Ensembles schon auf dem Buckel. «Jetzt kann es noch einmal 500 Jahre bestehen bleiben», sagt Leu. Er will das Ensemble für insgesamt rund zwei Millionen Franken weiter verkaufen. Das ältere Haus verfügt über ungefähr 250 Quadratmeter Wohnfläche, das zweite ist mit 180 Quadratmetern kleiner. Im Jahr 1535 entstand das Wohnhaus, in dem ursprünglich Trottenleute aus dem Kloster Katharinental untergebracht worden sein sollen. Die einstige Scheune wurde schon um 1700 zu einem Wohnhaus umgebaut. Leu ist sich sicher, dass in den Gebäuden keine Wohlhabenden lebten. Bei den umfangreichen Arbeiten sei er lediglich auf Schuldscheine gestossen. Vielleicht fehlte den früheren Bewohnern sogar einmal das Geld für Brennholz. Stattdessen könnten sie Holzstreben genommen haben, die im 500 Jahre alten Dachstock fehlten. Deshalb hatten sich die beiden Häuser stark geneigt. Leu hat nun die Streben durch einen Zimmermann wieder nach alter Handwerkskunst einsetzen lassen. Zudem wurden schadhafte Stellen im Dachstock ausgebessert oder ersetzt und mit Holznägeln und Holzzapfen fixiert.

Der Dachstock ist etwas Besonderes und trotz Sanierung erlebbar geblieben. «Das ist absolut in meinem Sinne», sagt Gabriel Müller. Der Architekt ist voll des Lobes: «So unverfälscht habe ich im Thurgau noch keine alten Räume gesehen.»

Mit modernem Luxus

Die Gebäude wurden komplett unterfangen und wieder aufgerichtet. Im Keller ist nun die Gebäudetechnik untergebracht. Die uralten Bohlenständerwände wurden wieder eingebaut, nachdem zur Verstärkung eine neue Wand aufgemauert worden war. Täfer und Holzdecken wurden in Originalfarbe gestrichen, sofern sich diese feststellen liess. Die verbliebenen Wände erhielten einen Lehmverputz.

Viele Originalteile wurden wieder eingesetzt, manchmal an neuen Stellen. Eine Zimmertüre aus der Renaissance etwa dient heute an neuem Ort als Türe zur guten Stube im Erdgeschoss. Dort steht auch der alte Kachelofen, der neu gesetzt wurde. Fehlende Kacheln fanden Müller und Leu im Lager eines Hafners. Auch den alten Holzherd liess Leu wieder flottmachen. Vor dem Haus haben die Sanierer sogar die Reste eines alten Ziehbrunnens entdeckt. Inzwischen ist er mit alten Bollensteinen wieder aufgemauert worden. Viele der Steine fanden sich bei Grabarbeiten noch vor Ort.

Tag der offenen Tür: 13. Dezember, 10 bis 15 Uhr, Hemmental 6 und 8 in Basadingen