BDP kündet FDP die Liebe auf

Im Frühjahr hatten FDP und BDP eine Listenverbindung für die Nationalratswahlen im Kanton St. Gallen angekündigt. Nun hat die BDP das Zweckbündnis überraschend aufgekündigt. Die FDP reagiert empört.

René Rödiger
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Jürg Gehrig, BDP. (Bild: pd)

Jürg Gehrig, BDP. (Bild: pd)

ST. GALLEN. Die BDP habe «einen krassen Vertrauensbruch» begangen und «die Glaubwürdigkeit leichtfertig verspielt». Die St. Galler FDP kommentiert die Auflösung der Listenverbindung mit harschen Worten.

Im Frühling hatten die BDP und die FDP des Kantons St. Gallen eine Listenverbindung für die Nationalratswahlen vom 23. Oktober vereinbart. Die BDP bestätigt die Vereinbarung an einer Mitgliederversammlung.

«Völlig überraschend»

Nun die Kehrtwende: Die FDP St. Gallen ist vergangene Woche in einem kurzen Gespräch über die Aufkündigung der Listenverbindung informiert worden. Marc Mächler, Präsident der FDP St. Gallen, sagt: «Für uns kam die Entscheidung völlig überraschend. Wir hatten immer gute Gespräche mit der BDP St. Gallen, die nationalen Parteispitzen waren über die Listenverbindung informiert.»

Als Kopf hinter der neuen BDP-Strategie nennt Mächler Jürg Gehrig. Der Industrielle wechselte kurz vorher von der SVP in die BDP und soll laut Mächler nun der strategische Kopf hinter dem BDP-Wahlkampf sein. In einem Communiqué beschuldigt die FDP Gehrig gar des Stimmenkaufs: Er wolle gegen Bezahlung Nationalrat werden.

Gehrig wehrt sich

Nationalratskandidat Gehrig ist von der FDP enttäuscht und weist die Vorwürfe zurück: «Ich kann nachvollziehen, dass der FDP-Präsident verärgert ist. Aber solche Anschuldigungen unter der Gürtellinie sind stillos. Das zeigt mir lediglich, dass wir mit dem Partnerwechsel die richtige Entscheidung getroffen haben.»

Die Aufkündigung der Listenverbindung sei vom Wahlgremium der BDP St. Gallen beschlossen worden. «Ich bin Teil dieses Gremiums, habe den Entscheid aber nicht alleine getroffen», sagt Gehrig. «Ich muss für meine Partei schauen und nicht für den Partner. Im Kanton St. Gallen hätten wir von der FDP nicht profitiert, ihr aber vielleicht einen zweiten Sitz bescheren können.»

Von der Mitte verabschiedet

Martin Landolt, Parteileitungsmitglied der BDP Schweiz und «Götti» der Sektion St. Gallen, bestätigt den Bruch mit den Freisinnigen. «Die Situation hat sich geändert», sagt er. Das Wahlgremium der BDP St. Gallen ist im Sommer gebildet worden und hat die Ausgangslage im Kanton neu analysiert. Landolt: «Vielleicht war der Entscheid für eine Listenverbindung im Frühling etwas gar voreilig gefällt worden. Leider hat sich seither die FDP laut Fulvio Pelli offiziell von der Mitte verabschiedet.»

In einer kurzen Medienmitteilung bezeichnet die BDP sich selber und die Grünliberalen als «frisch und unverbraucht». Eine von ihr angeregte grosse Listenverbindung aller Mitteparteien sei nicht zustande gekommen.

Wer mit wem?

Die FDP St. Gallen wird jetzt nur mit einer Listenverbindung mit den Jungfreisinnigen in die Nationalratswahlen gehen. Die BDP hingegen hat sich mit den Grünliberalen (GLP) verbündet. Martin Wicki, Co-Präsident der GLP St. Gallen, bestätigt das Bündnis: «Wir sind national die beiden aufstrebenden Parteien. Zusammen haben wir das Potenzial für einen Sitz im Kanton St. Gallen.» Für Wicki wäre auch eine Verbindung mit der FDP in Frage gekommen: «Mit dem Freisinn haben wir sehr offene Gespräche geführt. Für die Zukunft behalten wir uns diese Option offen.» Noch unklar ist, ob sich die CVP der Allianz von BDP und Grünliberalen anschliessen wird. «Wir haben Interesse an einer Verbindung mit der BDP», sagt der St. Galler CVP-Präsident Jörg Frei. Für ihn war die Zusammenarbeit zwischen der BDP und der FDP unverständlich: «Der Nutzen für die BDP war nicht sichtbar.» Die St. Galler CVP hat sich mit der EVP auf eine Listenverbindung geeinigt. «Die Tinte unter dem Vertrag ist aber noch nicht trocken», sagt Frei.

Grosse Mitte-Allianz möglich

Die Verhandlungen für eine «grosse Mitte-Allianz» (Landolt) zwischen BDP, GLP, CVP und EVP sind noch im Gange. «Sie wäre natürlich ein starkes Zeichen», sagt Martin Wicki. Auch Jörg Frei hofft auf die Verbindung: «Wir könnten die CVP-Bundeshausfraktion auf kantonaler Ebene spiegeln. Das ist keine Wahltaktik, bei uns stimmen die Inhalte.»