Der Regierungsrat schlägt den Unternehmer Mike Franz als Mitglied des Bankrates der Thurgauer Kantonalbank zuhanden des Grossen Rates vor. Aus der SVP-Fraktion sind Vorbehalte zu vernehmen – sie hätten sich ein Thurgauer SVP-Mitglied gewünscht.
Sebastian Keller
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Der Nebel bedeckt die Thurebene und hält einige landschaftlichen Details unter dem Deckel. Die Sonne fehlt. Eine erhellende Absicht hat auch Regierungsrat Jakob Stark, als er die Medien auf den Thurberg oberhalb Weinfeldens begrüsst. Zweck der Einladung: Vorstellung des Kandidaten für den freiwerdenden Sitz im Bankrat der Thurgauer Kantonalbank (TKB). Auch schon war eine Nominierung von Misstönen begleitet: 2015 zog sich ein Kandidat nach Kritik im Zusammenhang mit einem Pensionskassenskandal zurück.
Die aktuelle Kandidatensuche war nötig, weil SVP-Vertreter Werner Dickenmann per Ende Mai aus dem strategischen Führungsgremium der Bank zurücktritt. Aus Altersgründen. Der Regierungsrat schlägt dem Grossen Rat den Kandidaten zur Wahl vor. «Hoch über der Thurebene haben wir den Überblick über dieses wichtige Geschäft», sagte Finanzminister Stark. Er stellte den Kandidaten vor: Mike Franz, 52-jährig, verheiratet, Vater zweier Kinder, parteilos, Elektroingenieur ETH, wohnhaft in Gipf-Oberfrick. Wer den Ort nicht kennt, hat nicht zwangsläufig im Geografieunterricht geschlafen. Die Gemeinde liegt im Westen des Aargaus. Dass Franz kein Thurgauer ist und zudem nicht der SVP angehöre, nehme man in Kauf, weil er die zentralen Anforderungen «in hohem Masse erfüllt», so Stark. Gesucht war eine Person mit Kenntnissen und Erfahrungen in der Informatik und Digitalisierung mit speziellem Fokus auf das Bankwesen.
Franz lächelte wie jemand, der sich auf eine neue Aufgabe freut. «Ich bringe einen Hintergrund mit, der in den TKB-Bankrat passt», sagte er. Im Schreiben an den Grossen Rat ist über ihn zu lesen, dass er heute 60 Millionen Schweizer Franken Umsatz mit 400 Mitarbeitenden verantworte. Das Unternehmen, auf das sich diese Kennzahlen beziehen, hat er während seines Studiums mitbegründet: Netcetera. Eine nach eigenen Angaben führende Softwarefirma für Lösungen in der digitalen Transformation. Das heisst: Wie übersetzt ein Unternehmen sein Geschäftsmodell ins digitale Zeitalter? Netcetera besitzt mehrere Tochterfirmen. Eine davon bietet Lösungen für Banken und Versicherungen an. «Wir brauchen jemanden, der uns im Bereich der Digitalisierung stärkt», sagte Urs Saxer, Vizepräsident des TKB-Bankrates. Franz sei ein solcher «Digitalisierungsprofi».
Der Kandidat unterliess es nicht, seine Verbindung zum Thurgau hervorzuheben. Er habe Militärdienst in Frauenfeld geleistet. Auch von Wanderungen kenne er den Kanton. Verwandte leben hier. Regierungsrat Stark sagte, dass Franz «mentalitätsmässig» gut in den Thurgauer Bankrat passe, da er in ländlicher Umgebung verwurzelt sei.
Politisch liesse er sich der bürgerlichen Mitte zuordnen, sagte Franz. Er habe sich bereit erklärt, der SVP «gerne auch regelmässig für Berichterstattung, Fragen und Anliegen im Zusammenhang mit dem TKB-Bankrat zur Verfügung zu stehen», heisst es im Schreiben an den Grossen Rat. Dies offeriert er, da der zurücktretende Bankrat SVP-Mitglied war. Zum Schluss der Präsentation ist es der Sonne gelungen, den Nebel über der Ebene zu vertreiben. Diese Hoffnung hatte auch Jakob Stark im Zusammenhang mit der Kandidatur.