EKT und Axpo stampfen die Pläne für ein Geothermiekraftwerk im Oberthurgau ein. Das Risiko, dass die Bohrung in die Tiefe Erdstösse auslösen könnte, ist ihnen zu gross. Das ETK sucht nun nach Alternativen.
FRAUENFELD. Die Nutzung von Erdwärme im grossen Stil kommt nicht vom Fleck. Gestern hat das Elektrizitätswerk des Kantons Thurgau (EKT) bekanntgegeben, dass es die Pläne für ein Geothermiekraftwerk im Oberthurgau aufgibt. Der Entscheid hat sich abgezeichnet, nachdem eine Studie das Vorhaben in Frage gestellt hat. Demnach wäre eine Tiefenbohrung in die vom Projekt angepeilte geologische Störungszone mit einem erhöhten Erdbebenrisiko verbunden (Ausgabe vom 19. November). Es handelt sich um dieselbe Störung, die auch das St. Galler Geothermieprojekt angebohrt hat – und damit prompt einen Erdstoss auslöste. Diese Zone sollte man lieber in Ruhe lassen, lautet nun das Fazit der Geologen.
Träger des Projekts im Oberthurgau war ein Konsortium, das das EKT und der Stromkonzern Axpo gebildet hatten. Die Axpo hat einen Minderheitsanteil von 20 Prozent. Laut EKT-CEO Jolanda Eichenberger ist das Konsortium an das konkrete Projekt gebunden und kann nicht als Vehikel für andere Vorhaben dienen. «Deshalb ist es die logische Konsequenz, das Konsortium aufzulösen», sagt sie.
Das Geothermieprojekt lag seit September 2013 auf Eis – als Folge des Bebens von St. Gallen. Bis dahin hat es eine halbe Million Franken gekostet. Nach Angaben des EKT ist das Geld in Vorbereitungsarbeiten und in das Datenmaterial für die geplanten, aber sistierten seismischen Messungen geflossen.
Das EKT will aber nach wie vor ein Geothermiekraftwerk bauen. Das Unternehmen prüft nun andere Standorte sowie andere Technologien. Im Oberthurgau war das hydrothermale Verfahren (siehe Kasten) vorgesehen. Zur Disposition steht nun ausdrücklich auch die petrothermale Methode. Letztere ist im Gegensatz zur ersteren praktisch überall im Thurgau anwendbar. Hauptkriterium für die Standortwahl für ein neues Projekt sei die Nähe eines städtischen Gebiets, sagt Eichenberger. Das Kraftwerk soll nicht nur Strom produzieren, sondern auch Wärme. «Je mehr Fernwärmebezüger wir beliefern können, desto rentabler ist ein solches Kraftwerk.»
Zudem braucht das EKT auch für ein weiteres Projekt Partner. Das kann wieder der Axpo-Konzern sein. Auch eine Zusammenarbeit mit der Geo-Energie Suisse AG, die in Etzwilen ein Geothermiekraftwerk plant, schliesst Eichenberger nicht aus. Axpo will sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht festlegen, da weder die Rahmenbedingungen noch der Standort für ein neues Projekt bekannt sind, sagt Axpo-Sprecherin Catherine Mettler.
Auch das EKT will die Rahmenbedingungen geklärt haben, bevor es weitermacht, sagt Eichenberger. Damit meint sie unter anderem das geplante kantonale Gesetz für die Nutzung des Untergrunds. Dieses müsse so gestaltet sein, dass ein Kraftwerk betreibbar ist. Laut Entwurf regelt das Gesetz unter anderem die Konzessionsgebühren und enthält Vorschriften für die Haftpflicht für Erdbebenschäden, die eine Bohrung auslösen kann. Auch die Frage, ob und wie das EKT solche Risiken versichern kann, entscheidet darüber, ob das Unternehmen mit der Geothermie vorwärts macht.
Im Oberthurgau stösst der Entscheid des EKT auf Bedauern. «Wenigstens die seismischen Messungen hätte man machen müssen», sagt der Amriswiler Stadtammann Martin Salvisberg. Nur so liessen sich sichere Daten über die Beschaffenheit des Untergrunds gewinnen. Für die Energiewende sei die Geothermie wichtig.
Volkswirtschaftsdirektor Kaspar Schläpfer bedauert zwar, dass das Konsortium aufgelöst worden ist. Er hat aber Verständnis, dass das EKT mit weiteren Schritten zuwartet, bis die bestehenden Unsicherheiten geklärt sind. Der Regierungsrat erwarte aber, dass das EKT die Geothermie weiterverfolgt.