EGNACH. Am 2. September wird dem umstrittenen Hausbauer Siegfried Hellbrück der Strafprozess gemacht. Wird er verurteilt, muss er unter Umständen die Schweiz verlassen. Einen zweiten festen Wohnsitz hat er bereits: In Deutschland.
Anfang März erhob die Thurgauer Staatsanwaltschaft Anklage gegen den 58jährigen Deutschen, der in Egnach eine Villa am See besitzt. Staatsanwalt Riquet Heller wirft ihm nebst diversen Verkehrsdelikten gewerbsmässigen Betrug sowie allenfalls mehrfache Veruntreuung vor und beantragt 30, allenfalls 20 Monate Freiheitsstrafe und 1000 Franken Busse (Tagblatt berichtete).
Hellbrück hält die Vorwürfe nach eigenen Angaben für «lachhaft». Er sehe dem Verfahren gelassen entgegen, sagte er auf Anfrage.
Die ihm zur Last gelegten Fälle liegen rund fünf Jahre zurück und betreffen drei Bauprojekte in Frauenfeld der 1999 in Rheineck gegründeten Firma Trend Haus 2000 AG, bei der er Geschäftsführer war. Das Unternehmen gibt es längst nicht mehr. Nach verschiedenen Umzügen ist es im Januar 2006 mit Verfügung des Kantonsgerichtspräsidiums Nidwalden aufgelöst worden. Grund für die Liquidation gemäss Eintrag im Handelsregister: «Die Frist zur Wiederherstellung des gesetzmässigen Zustandes in Bezug auf die Revisionsstelle» sei fruchtlos abgelaufen.
Hellbrück war damit aber nicht aus dem Geschäft. Denn zusammen mit Thomas Hinrichs aus Sommeri hatte er 2003 vorsorglich die Firma Trend Haus nach Mass mit Sitz bei sich zu Hause in Egnach gegründet, nach eigenen Angaben einer «der führenden Hersteller im Massivhausbau mit Fertigteilen». Mittlerweile ist auch sie am Ende. Anfang Juli dieses Jahres wurde der Konkurs über die Gesellschaft eröffnet. Für Hellbrücks Kompagnon Hinrichs war das Aus bloss der Anfang einer überaus schlechten Woche: Zwei Tage später erlitt seine th architektur GmbH das gleiche Schicksal, gegen das er sich mit einem Rekurs erfolglos gewehrt hatte.
Hellbrück sieht sich als Opfer einer Hetzkampagne der Medien, die 2006 eingesetzt haben soll. In deren Folge sei das florierende Geschäft der Trend Haus nach Mass nahezu zum Erliegen gekommen, wie aus einem dem Tagblatt vorliegenden Brief seines Rechtsvertreters ans Bezirksgericht Arbon hervorgeht. Davor habe die Firma Gewinne im deutlich sechsstelligen Bereich gemacht. Heute will Hellbrück nicht einmal mehr genug Geld haben, um sich finanziell über Wasser zu halten. Die ihm gehörenden Liegenschaften seien in etwa in der Höhe ihres Wertes belastet, heisst es im Schreiben seines Rechtsvertreters. Sein Mandant habe sich deswegen Mitte Mai beim Sozialamt in Neukirch-Egnach «als bedürftig» gemeldet. Ob Hellbrück tatsächlich Sozialhilfe bekommt, war nicht in Erfahrung zu bringen. Gemeindeammann Markus Schmid wollte sich nicht dazu äussern. Nur soviel: «Jede Person kann ein Gesuch um Sozialhilfe stellen.»
Klar ist hingegen, dass das Bezirksgericht Arbon Hellbrücks Antrag um amtliche Verteidigung beim Prozess am 2. September stattgegeben hat. Dieser hatte geltend gemacht, dass er nicht wisse, wie er die auf ihn zukommenden Kosten tragen solle.
Für Hellbrück geht es in drei Wochen vor den Schranken nicht nur um seinen ohnehin angeschlagenen Ruf als Unternehmer und eine drohende Freiheitsstrafe. Wird er verurteilt, muss er unter Umständen auch die Schweiz verlassen. Seine Aufenthaltsbewilligung ist nämlich abgelaufen. Ob sie erneuert wird, ist nicht sicher, wie Rolf Bruderer vom Migrationsamt auf Anfrage erklärte. Der Entscheid hänge vom Ausgang des Strafverfahrens ab. Bis zum Urteil sei das Gesuch von Hellbrück zurückgestellt.
Dieser scheint damit zu rechnen, dass seine Tage in der Schweiz gezählt sind. Jedenfalls hat er seit 1. August einen festen Wohnsitz in Bad Wurzach im Allgäu. Doch nicht nur: Dem Einwohneramt kündigte er an, ein Gewerbe in Deutschland betreiben zu wollen. Im Internet sucht der umtriebige Unternehmer bereits Interessenten für eine «schöne Doppelhaushälfte mit Vollunterkellerung» in Oberessendorf im Landkreis Biberach und verspricht dabei «grösste Sicherheit».
Pikant: Auch in Egnach ist Hellbrück noch offiziell gemeldet. Und er wohnt auch seit kurzem wieder in seinem Haus dort, nachdem er längere Zeit weg war, wie Anwohner berichten. Möglich ist das, weil in Europa kein einheitliches Meldegesetz existiert.