Turmspatz
«Was machst du da?», frage ich meine Frau Turmspatz, die aufgeregt von Zimmer zu Zimmer flattert. «Packen», ruft sie, «fürs Wochenende.» Zwei Schlafsäcke landen neben den Rucksäcken. «Wozu brauchen wir das?», frage ich und stolpere über zwei Kartonschachteln im Gang. «Da sind die Wanderschuhe drin, die musst du noch imprägnieren.»
Es ist ein grosses Rätsel, das Frau Turmspatz vor mir ausbreitet. Rucksack heisst wandern, Schlafsack, Trainer und Taschenlampe bedeuten, dass draussen übernachtet wird, die Imprägnierungsaktion und die wasserdichten Jacken riechen nach reichlich Regen. Und das Essgeschirr, das sie vom Estrich herunterholt, zeigt mir, dass keine Restaurantbesuche geplant sind. «Darf ich raten? Fahren wir an ein Open Air?», frage ich beim Einpacken. «Kalt», antwortet sie und reicht mir mein altes Uniformhemd und den verbeulten Hut. «Gehen wir etwa zu den Pfadfindern?» Sie nickt. «Ans KaTre. Das Kantonale Treffen findet am Wochenende in Hüttwilen statt. Da können wir wieder einmal Pfadiluft schnuppern.» «Das ist doch nichts für uns alte Spatzen.» «Papperlapapp! Bei diesen Treffen wimmelt es immer von angegrauten Pfaderinnen und Pfadern, die von den alten Zeiten schwärmen, als das Leben noch aus Orientierungslauf und Hörnli vom Feuer bestand.»
Sie blättert in der Zeitung. «Das Motto ist etwas mit Pfahlbauern.» «Dann müssten wir im Leinenkleid einrücken. Und nicht in Wanderhosen.» Ich packe den Rucksack wieder aus. «Wie willst du ans KaTre?» «Im Federkleid. Wir Spatzen waren schon bei den Pfahlbauern die treusten Begleiter der Menschen. Hast du eine bessere Idee?»
Sie seufzt und leert auch ihren Rucksack aus. «Mir ist gerade eingefallen, wie oft ich bei den Pfadfindern verregnet wurde. Da bleiben wir doch lieber zu Hause.»