Abfallberg auf neuem Höchststand

Mit der Bevölkerung und der Wirtschaft wächst der Abfall. Die Thurgauer produzieren davon mehr als 100 000 Tonnen pro Jahr, wie der neuste Abfallbericht zeigt. Die neue Kunststoffsammlung verwirrt die PET-Flaschen-Sammler.

Thomas Wunderlin
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Regierungsrat Jakob Stark hält Plastikflaschen in der Hand, die aus dem PET-Recycling gefischt werden müssen. Am Sortierband der Müller Recycling AG in Frauenfeld arbeiten Carlo Machado (l.) und Igor Martin. (Bild: Reto Martin)

Regierungsrat Jakob Stark hält Plastikflaschen in der Hand, die aus dem PET-Recycling gefischt werden müssen. Am Sortierband der Müller Recycling AG in Frauenfeld arbeiten Carlo Machado (l.) und Igor Martin. (Bild: Reto Martin)

FRAUENFELD. Die Sackgebühr wirkt. Nach ihrer Einführung 1996 fiel der im Thurgau jährlich produzierte Abfallberg um einen Fünftel zusammen. Inzwischen hat er den früheren Stand übertroffen. In den letzten zwei Jahren wog er erstmals mehr als 100 000 Tonnen, wie dem zweijährlich erscheinenden kantonalen Abfallbericht zu entnehmen ist. Der Abfall wächst mit der Bevölkerung und dem Bruttoinlandprodukt, erklärte Martin Eugster von der Abteilung Abfall und Boden im kantonalen Amt für Umwelt an einer Medienkonferenz am Mittwoch.

Wechsel zur Rohstoffwirtschaft

Die Abfallwirtschaft ist zur Rohstoffwirtschaft geworden. «Der Wechsel ist geschafft», sagte Jürg Hertz, Chef des Amts für Umwelt. Als Zeichen sieht er die zunehmenden privaten Recyclinghöfe. Bisher sei es darum gegangen, Abfall zu vermeiden. Nun sehe man ihn als wertvollen Rohstoff. «Wir predigen es schon lange.» 75 Prozent des Thurgauer Abfalls werden in Weinfelden verbrannt, 24 Prozent in Bazenheid, das restliche Prozent stammt aus Horn und geht nach St. Gallen.

Ein bisschen kleiner wird der Abfallberg, wenn die Konsumenten Plastikflaschen getrennt entsorgen, damit sie zu Granulat verarbeitet werden können. Die Zweckverbände Weinfelden und Bazenheid sammeln ab 2014 Plastikflaschen (Ausgabe vom 20. November). Dabei arbeiten sie mit der Migros zusammen, die auch Sammelstellen eingerichtet hat. «Die Thurgauer Abfallwirtschaft ist schweizweit vorne dabei», sagte Regierungsrat Jakob Stark. Die Bevölkerung mache gern mit. «Man hat dann einfach im Keller nochmal ein Fächli.»

Verwirrend ist, dass es mindestens 80 Sorten von Plastik gibt – darunter auch PET. Seit die Migros Kunststoffflaschen zurücknimmt, sei der Nicht-PET-Anteil in der PET-Sammlung von 10 auf 20 Prozent gestiegen, sagte René Herzog, Geschäftsleiter des Vereins PET-Recycling Schweiz. Die Hälfte der Zunahme gehe auf die Einführung der Sackgebühr in den Kantonen Waadt und Neuenburg zurück. Bis zu 50 Prozent Plastik hat es im angelieferten PET, sagte Caesar Müller, Inhaber der Müller Recycling AG in Frauenfeld, in deren Bürogebäude in Frauenfeld die Medienkonferenz stattfand. In die PET-Sammlung gehören nur Getränkeflaschen. Als Plastikflaschen gesammelt werden Flaschen, die Milchprodukte, Öl, Saucen und andere Lebensmittel, aber auch Seifen und Crèmes enthalten haben.

Teurer Versuch in Amlikon

Dass Hausfrauen gerne Abfall trennen, zeigt die Kunststoffsammlung der Gemeinde Amlikon-Bissegg (Ausgabe vom 23. November). Für zwei Franken werden 60-Liter-Säcke abgegeben, in die Milchflaschen, Joghurtbecher, Käsefolien und Getränkekartons gesteckt werden dürfen. Der Geschäftsleiter der KVA Thurgau, Peter Steiner, beurteilt diese Mischkunststoffsammlung skeptisch. Der gesammelte Kunststoff müsse nochmals sortiert werden, was das System teuer mache. Für die Haushalte seien die Kosten mindestens doppelt so hoch wie bei der Entsorgung im normalen Abfallsack – 67 statt 35 Rappen pro Kilo. Die Kunststoffsammelsäcke seien viel leichter als andere Kehrichtsäcke: «Da ist viel Luft drin.» Dazu fielen bei den Gemeinden Logistikkosten an.

Mit dem Bauboom gestiegen ist auch das Aushubmaterial. Rund ein Viertel der jährlich anfallenden 790 000 Kubikmeter wird für landwirtschaftliche Terrainveränderungen verwendet. Mittelfristig braucht es laut Abfallbericht neue Deponien für unverschmutzten Aushub.