Ist ein ETH-Standort Wil West mehr als eine Vision? Ein Podiumsgespräch lieferte vor Ort eher ernüchternde Antworten. Realistischer erscheinen ein zweiter Anlauf für einen Innovationspark und die Verstärkung der Empa-Filiale.
MÜNCHWILEN. In drückender Hitze ist die Vision bekanntlich schleierhaft, und so erschien die Vorstellung eines ETH-Campus am Mittwoch im Glashaus der Autowelt von Rotz direkt am aussichtsreichen Münchwiler Anteil des Entwicklungsareals Wil West zuweilen wie eine Fata Morgana. Gleichzeitig spielte der FC Wil gegen Wohlen und hatte keine Chance: Die Aargauer waren den St. Gallern im Fussballmatch stets einen Schritt voraus – so, wie sie es in der Standortkonkurrenz um die Ansiedlung von ETH-Betrieben waren, namentlich das Paul Scherrer Institut in Villigen. Bei der Ausmarchung, die im Autohaus diskutiert wurde, lautet der «Gegner» allerdings Dübendorf: Dort will die ETH Zürich Teile des Bereichs Maschinenbau und Verfahrenstechnik ansiedeln. Und dort befinden sich Empa-Abteilungen, die St. Gallen für sich reklamieren könnte – erst recht wenn man nicht zum Zuge käme bei den erwähnten ETH-Auslagerungen.
Die Idee, Dübendorf einige Empa-Stücke abzuluchsen, hörte man an der Podiumsveranstaltung «ETH-Standort Wil-Münchwilen – mehr als eine Vision?» zum ersten Mal: Der St. Galler FDP-Präsident und Kantonsrat Marc Mächler brachte sie ins Spiel. Weil er, als Politiker realistischeren Lösungen zugeneigt, wenig Chancen sieht für ETH-Ausbildungsplätze in Wil.
Die trotz Hitze und Fussball erschienenen gut 80 Zuhörenden erwarteten zunächst gespannt die Ausführungen von Fritz Schiesser, Präsident des ETH-Rats. Der ehemalige Glarner FDP-Ständerat erklärte das ETH-Gebilde mit den Schwerpunkten Zürich und Lausanne und bemühte sich, die Ostschweizer Hoffnungen auf zusätzliche Anteile am Kuchen nicht zu begraben. Doch sei die ETH «kein Gugelhopf», aus dem sich einfach Stücke schneiden liessen.
Greifbarer als ein ETH-Standort Wil West erscheint ein zweiter Anlauf für einen Innovationspark rund um die St. Galler Empa, wie ihn die Thurgauer CVP-Ständerätin aufgrund ihrer Dossierstudien in Bern empfahl.