Immer mehr Details über die Vergangenheit des Schützen von Rehetobel kommen ans Licht. Der Ex-Direktor eines Massnahmenzentrums, in dem der Mann jahrelang war, bezeichnet ihn als "tickende Bombe". Zudem wurden ihm früher schon einmal Waffen abgenommen
Von 2004 bis 2009 sass der Schütze von Rehetobel eine Strafe im Massnahmenzentrum Arxhof in Niederdorf BL ab. Dies, nachdem er bei einem Eifersuchtsdrama mit einer Schrotflinte auf mehrere Männer geschossen hatte. Am Dienstag eröffnete der Mann nun in Rehetobel das Feuer auf zwei Polizisten, die eine Hausdurchsuchung bei ihm durchführten, und verletzte die beiden Männer. Danach richtete sich der Schütze selbst.
Nach dieser Tat äusserte sich nun der damalige Direktor des Massnahmenzentrums gegenüber Radio Energy über den Mann. Im Gespräch mit dem Sender bezeichnete Renato Rossi seinen früheren Schützling als "tickende Bombe".
"Ein Meister der Täuschung"
Gemäss den Aussagen des Ex-Arxhof-Direktors hatte der Mann zu jener Zeit fremdenfeindliche Ansichten: "Seine Welt war eine kleine Welt, in der Ausländer keinen Platz haben. Er hatte Fantasien von Metzeleien und Schiessereien", sagte Renato Rossi gegenüber Radio Energy. Weiter beschrieb er den Schützen von Rehetobel als sehr anpassungsfähig und manipulativ, als Meister der Täuschung. In diese Falle seien wohl auch die beiden verwundeten Polizisten getappt. "Das ist typisch, so funktioniert er. Er kooperiert, ist angepasst, das Misstrauen ihm gegenüber wird kleiner. Und plötzlich schlägt er zu."
"Risiko, mit dem wir leben müssen"
Auch ein Waffennarr soll der Schütze von Rehetobel gemäss dem ehemaligen Direktor des Massnahmenzentrums Arxhof gewesen sein. "Seine Faszination für Waffen hatte etwas Suchtähnliches. Man kann fast schon von einer Liebesbeziehung sprechen." Dass er nun erneut zur Waffe gegriffen hat, überrascht Renato Rossi nicht. "Bei seinem Austritt haben wir die Behörden informiert und eine genaue Einschätzung über die Risiken abgegeben. Das ist das Risiko, mit welchem wir leben müssen, dass solche Menschen rückfällig werden. Sie sind tickende Bomben in unserer Gesellschaft."
Als Waffennarr bekannt
Auch einen Tag nach der Bluttat von Rehetobel bleibt unklar, wie der Schütze die Tatwaffe besorgen konnte. Angaben dazu oder zur Art der Waffe macht aufgrund der laufenden Ermittlungen weder die Kantonspolizei Appenzell Ausserrhoden noch die zuständige Staatsanwaltschaft.
Wie an der Medienkonferenz von Dienstagabend bekannt wurde, handelt es sich beim Täter um einen polizeibekannten Schweizer. In der Region war der 33-Jährige als Waffennarr bekannt - er beging im Ausserrhodischen nicht zum ersten Mal eine Tat mit einer Waffe. Bereits im Jahr 2003 verletzte er drei Personen beim eingangs erwähnten Eifersuchtsdrama.
Drohung mit dem Tod
2002 war der damals 19-Jährige mit einer 14-Jährigen ein Liebesverhältnis eingegangen. Im Herbst 2002 beendete das Mädchen die Beziehung - angeblich wegen der Eifersucht des jungen Manns. Dieser konnte sich offenbar nicht mit der Trennung abfinden und drohte dem Mädchen und seinen Eltern verbal und per SMS. Seine Wut richtete sich auch gegen zwei junge Brüder, die als Beschützer der ehemaligen Freundin auftraten.
Unter den Jugendlichen von Heiden wusste man vom schwelenden Konflikt und offenbar auch davon, dass sich die Kontrahenten gegenseitig mit dem Einsatz von Waffen und dem Tod drohten.
Im Besitz mehrerer Waffen
Am Ostermontag 2003 eskalierte die Sache. In der Nacht lauerte der Schütze von Rehetobel mit einer abgesägten Schrotflinte den Brüdern auf - es kam zum Schusswechsel. Mit der Flinte schoss er auf einen der Brüder, der getroffen wurde und zu Boden fiel. Als er aufstand und davonrannte, feuerte der 19-Jährige erneut und traf einen vorbeifahrenden Velofahrer. Anschliessend schoss er zweimal auf den anderen Bruder, der ein Sturmgewehr auf sich trug und dadurch eine Schussverletzung im Beckenbereich erlitt. Nur wenige Stunden nach der Schiesserei wurde der 19-Jährige festgenommen.
Bei seiner Festnahme trug er die Tatwaffe, eine Schrotflinte, noch bei sich. Für diese benötigte er aber keinen Waffenschein, wie die Kantonspolizei Appenzell Ausserrhoden damals mitteilte. Die Beamten fand aber noch weitere Schusswaffen bei ihm – drei Gewehre und eine Faustfeuerwaffe - für die er keine Bewilligung besass.
Strafrechtlich war der 19-Jährige vor der Tat bei der Polizei nicht verzeichnet gewesen. Man habe ihm aber vor einem halben Jahr polizeilich Waffen weggenommen, da bekannt war, dass er Freude an Waffen habe, so die Polizei 2003.
In Arbeitserziehungsanstalt eingewiesen
Rund ein Jahr später, 2004, wurde der Mann vom Ausserrhoder Kantonsgericht wegen der mehrfachen versuchten vorsätzlichen Tötung, der mehrfachen schweren Körperverletzung, Drohung und sexueller Handlungen mit einem Kind schuldig gesprochen und in die Arbeitserziehungsanstalt Arxhof eingewiesen. Bis 2009 sass er seine Strafe im Massnahmenzentrum ab, danach wurde er aufgrund eines Gutachtens entlassen.