«Fabi ist fürs Rheintal die Chance»

Würde die Verkehrsinfrastruktur-Vorlage am 9. Februar abgelehnt, wären Verbesserungen im öffentlichen Verkehr im Rheintal für Jahre vom Tisch. Davon ist Arbeitgeber-Präsident René Wuffli überzeugt.

Christoph Zweili
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Im Rheintal pendeln heute 79 Prozent mit dem Auto zur Arbeit – Zukunftsszenarien rechnen mit einem Verkehrskollaps, falls sich daran nichts ändert. (Bild: Ralph Ribi)

Im Rheintal pendeln heute 79 Prozent mit dem Auto zur Arbeit – Zukunftsszenarien rechnen mit einem Verkehrskollaps, falls sich daran nichts ändert. (Bild: Ralph Ribi)

Herr Wuffli, am 9. Februar stimmen wir über die Vorlage zu Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur (Fabi) ab – im Rheintal sind im ersten Schritt die grössten Ausbauten aufgegleist. Diese werden im «Chancental» als «Riesenchance» begrüsst – woran machen Sie das als Arbeitgeber-Präsident fest?

René Wuffli: Grundsätzlich haben wir im Moment mit dem Ausbau der S-Bahn im Rheintal eine verbesserte Situation. Das ist aber für ein Tal wie das Rheintal, das sehr exportstark ist, eigentlich noch zu wenig, um im öffentlichen Verkehr die Verbindungen Richtung St. Gallen, Chur und Zürich herzustellen.

Warum ist Fabi da eine «Riesenchance»?

Wuffli: Würde Fabi am 9. Februar abgelehnt, bekäme das Rheintal auf Jahre oder gar Jahrzehnte hinaus die Gelegenheit nicht mehr, um Verbesserungen wie etwa den bis 2025 geplanten Kapazitätsausbau im Fernverkehr St. Gallen-Chur (Bahn-Y) oder den Kapazitätsausbau Zürich-Sargans-Chur zu erzielen. Weil wir nicht davon ausgehen können, dass jene, die im Rheintal arbeiten, auch unbedingt im Rheintal wohnen wollen, wird die Verkehrsanbindung in Zukunft immer wichtiger werden. Das gilt vor allem auch für Fachkräfte, wo auch im Rheintal ein grosser Mangel herrscht. Um Fachkräfte rekrutieren zu können, ist ein gut ausgebauter öffentlicher Verkehr von grosser Bedeutung – nebst der Infrastruktur für den Individualverkehr.

Hatte die Entwicklung im Rheintal in den letzten 20 Jahren auch Auswirkungen auf den Individualverkehr?

Wuffli: Wir hatten in den letzten 20 Jahren eine Bevölkerungszunahme in den 13 Gemeinden zwischen Altstätten und Widnau (Wahlkreis Rheintal) von rund 24 Prozent – in den letzten zehn Jahren von 8,6 Prozent. Zwischen 1993 und 2013 nahm die Zahl der Fahrzeuge um 23 Prozent zu.

Der öffentliche Verkehr spielt demnach nicht die entscheidende Rolle im Rheintal?

Wuffli: Wenn wir bei den Fahrzeugen eine derartige Zunahme haben und die Region weiterhin im gleichen Ausmass wächst, dann bekommen wir Probleme im Individualverkehr. Es ist also voraussehbar, dass wir irgendwann einmal vor St. Gallen täglich im Stau stehen. Das kann nicht das Ziel sein. Die Lösung muss doch sein, dass unsere Mitarbeitenden auch im öffentlichen Verkehr gut angebunden sind und damit auf das Auto verzichten können.

Das Angebot löst also die Nachfrage aus?

Wuffli: Ja. Beim öffentlichen Verkehr brauchen wir zuerst das Angebot. Nur so findet dann das Umsteigen vom Auto zum öffentlichen Verkehr statt.

Im Rheintal wurde mit dem Fahrplanwechsel im Dezember das Zugsangebot massiv ausgebaut. Der Kanton St. Gallen hat das Mobilitätsverhalten der Regionen untersuchen lassen. In dieser Region pendeln heute 79 Prozent mit dem Auto zur Arbeit – nur gerade elf Prozent nutzen den öffentlichen Verkehr oder gehen zu Fuss.

Wuffli: Ich kenne die Studie nicht im Detail, weiss aber, dass der grösste Teil der Arbeitnehmer mit dem Auto zur Arbeit pendelt. Die Zukunft wird nun weisen, ob sich mit dem Mehrangebot auf der Schiene auch das Pendlerverhalten ändern wird.

Bundesrätin Doris Leuthard will gestaffelte Billettpreise einführen, damit nicht alle Arbeitspendler zur gleichen Zeit unterwegs sind und um die Züge zu entlasten. Sind die Arbeitgeber im Rheintal so beweglich, dass die Arbeitnehmer nicht alle zur gleichen Zeit am Arbeitsplatz sein müssen?

Wuffli: Aus unserer Sicht entspricht diese Idee nicht der Realität. Heute gibt es unterschiedliche Arbeitszeiten in Form von Gleitzeit, die in aller Regel zwischen 7 und 8 Uhr beginnt und zwischen 16 und 18 Uhr aufhört. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Drittel der Arbeitnehmer – etwas überspitzt ausgedrückt – erst um 11 Uhr kommt und abends erst um 20 Uhr nach Hause geht. Zumindest ist dieses Modell in den nächsten Jahren nicht umsetzbar.

Das hängt mit den Produktionsprozessen zusammen?

Wuffli: Genau. Wenn Sie an einen Dreischichtbetrieb in einer grossen Unternehmung denken, dann wird heute von 6 bis 14 Uhr, von 14 bis 22 Uhr und von 22 bis 6 Uhr gearbeitet. Das lässt sich nicht so einfach umkehren – in Industriebetrieben ist dies nicht realistisch.

René Wuffli Präsident Arbeitgeberverband Rheintal mit 509 Mitgliedfirmen mit rund 18 000 Beschäftigten (Bild: pd)

René Wuffli Präsident Arbeitgeberverband Rheintal mit 509 Mitgliedfirmen mit rund 18 000 Beschäftigten (Bild: pd)

Bild: CHRISTOPH ZWEILI

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