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Ostschweiz
Der Kanton St.Gallen kontrolliert das Grundwasser vermehrt auf Pestizide. Grund zur Sorge sieht er nicht.
Pestizid-Alarm in der Ostschweiz: Das interkantonale Labor in Schaffhausen hatte an über 300 Standorten in der Ostschweiz Trinkwasser- und Grundwasserproben auf Rückstände des Fungizids Chlorothalonil (siehe Kastentext) untersucht. In über 10 Prozent der Proben wurde der offizielle Höchstwert überschritten, wie das Schweizer Radio und Fernsehen Ende Juni berichtete. Bald darauf forderten die Jungen Grünliberalen in einem offenen Brief Aufklärungen zu bedenklichen Substanzen im St.Galler Trinkwasser.
Chlorothalonil ist ein Wirkstoff, der in Pflanzenschutzmitteln seit den 1970er-Jahren gegen Pilzbefall zugelassen ist. Er wird im Getreide-, Gemüse-, Wein- und Zierpflanzenbau eingesetzt. Die EU hat dem Pestizid die Zulassung entzogen, weil schädliche Auswirkungen der Spurenstoffe im Grundwasser auf die menschliche Gesundheit nicht ausgeschlossen werden können. Landwirtschaftsminister Guy Parmelin hat ein Verbot in der Schweiz in Aussicht gestellt. (dh)
Nun gibt das kantonale Amt für Verbraucherschutz und Veterinärwesen (AVSV) Entwarnung: Die Höchstwerte für das Fungizid von 0,1 Mikrogramm pro Liter wurden seit 2018 bei allen entnommenen Proben im Kanton St.Gallen eingehalten, wie es in einer Mitteilung heisst. Zusätzlich habe das AVSV das Trinkwasser im Verteilnetz im Mai stichprobenartig auf Überreste von Pflanzenschutzmitteln untersucht. Auch hier seien keine Grenzwerte überschritten worden.
Von zwei Grundwasserfassungen sind Resultate von Selbstkontrollen bekannt, die über dem Grenzwert liegen. Das Amt schreibt:
«Das Wasser der betroffenen Pumpwerke wird aber ohnehin so stark mit Wasser aus anderen Fassungen verdünnt, dass auch dort keine Höchstwertüberschreitung im Verteilnetz zu befürchten ist.»
«Bei dem für Chlorothalonil angewendeten Höchstwert handelt es sich um einen bewusst niedrig angesetzten Vorsorgewert», sagt Klaus Luczynski, stellvertretender Kantonschemiker. Eine gesundheitsgefährdende Wirkung könne bei dieser Konzentration zwar nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, eine wissenschaftliche Bestätigung für eine gefährdende Wirkung läge bislang aber auch nicht vor.
Vor drei Wochen hat das AVSV die Wasserversorger wegen der Chlorothalonil-Werte angeschrieben. Hat es unterdessen Rückmeldungen gegeben? «Auf unser Schreiben hin haben wir durchaus Anfragen aus St.Gallen erwartet. Es sind aber seither keine eingetroffen», sagt Luczynski. Jedoch untersuche das AVSV aus aktuellem Anlass auch ausserhalb der Analysenfenster (Frühjahr und Herbst) Wasserproben auf Pflanzenschutzmittel-Rückstände.
Sollten die Grenzwerte für Chlorothalonil und dessen Abbauprodukte im Trinkwasser überschritten werden, so schreibt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) Massnahmen und Fristen vor. Falls die Möglichkeit besteht, die Höchstwerte durch einfache Massnahmen einzuhalten, so sind diese innert einem Monat umzusetzen. Eine einfache Massnahme sei etwa das Beimischen von einwandfreiem Trinkwasser aus anderen Fassungen.
Ist dies nicht möglich, haben die Betreiber der Werke zwei Jahre Zeit für andere Massnahmen. Laut Luczynski müsste abgeklärt werden, ob Wasser aus einer benachbarten Versorgung eingespeist oder gar ein eigenes neues Wasservorkommen erschlossen werden kann. «Dies zieht meist Vereinbarungen, den Bau von Leitungen oder auch Bohrungen nach sich. Deshalb ist hier die Frist länger gesetzt.»