Enttäuschte Studenten hoffen auf eine Lösung

Dass die EU nach der Annahme der Zuwanderungs-Initiative Druck mache, sei klar gewesen, sagt SVP-Nationalrat Lukas Reimann. «Jetzt muss die Schweiz eben dagegen halten.»

Rahel Haag/Vera Pfister
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Lukas Reimann SVP-Nationalrat (Bild: ky/Peter Klaunzer)

Lukas Reimann SVP-Nationalrat (Bild: ky/Peter Klaunzer)

Im Gegensatz zu vielen anderen, sieht Reimann Vorteile darin, dass die Schweiz im Studienjahr 2014/15 nicht mehr am Studienaustauschprogramm Erasmus+ teilnimmt. «Die Schweiz spart dadurch sehr viel Geld, da auf diese Weise weniger ausländische Studenten zu uns kommen.» Das Schweizer Bildungssystem und die Universitäten seien sehr gut. «Mit diesem Entscheid schneidet sich die EU ins eigene Fleisch», ist Reimann überzeugt.

Bilaterale Abkommen bleiben bestehen

Lukas Reimann arbeitet als Jurist. Gleichzeitig absolvierte der 31-Jährige das letzte Semester seines Master-Studiengangs in Rechtswissenschaften an der Universität Bern. Ein Austauschsemester habe er als Student nie absolviert – dafür ein Praktikum in Brüssel für dänische EU-Gegner. «Das habe ich aber selber organisiert.» Um Studenten, die im Ausland studieren möchten, macht sich Reimann keine Sorgen. «Die Schweiz pflegt Austauschprogramme mit den besten Unis der Welt – diese bilateralen Abkommen bleiben bestehen.» Dennoch gibt er zu: «In Europa wird es für Schweizer Studenten jetzt schwieriger.» Er gehe aber davon aus, dass sich die Lage wieder beruhigt.

«Für mich ist vorerst eine Tür zugegangen», sagt Samuel Brülisauer, Co-Präsident Juso St.Gallen. Der 19-Jährige studiert Internationale Beziehungen an der HSG. Er sei enttäuscht. «Man kann der EU aber keinen Vorwurf machen, wenn sie jetzt die Konsequenzen zieht.» Doch die Juso hat bereits einen ersten Schritt gemacht. «Wir haben eine Petition lanciert», sagt er. Bisher haben 2534 Personen unterschieben. Dann wird Brülisauer selbstkritisch: «Man hätte im Vorfeld der Abstimmung vor allem die Jungen stärker mobilisieren sollen.»

Erasmus unterstützt die Studenten

Corinna Haag ist vor drei Wochen von ihrem Austauschsemester in Berlin nach Hause gekommen. Sie hat dort Film, Publizistik und Kommunikationswissenschaft studiert. In der Kulturstadt fühlte sie sich wohl, besuchte das Theater, die Oper und Konzerte. «Meine beste Freundin in Berlin war eine Italienerin», erzählt sie. Es sei allgemein sehr multikulturell gewesen. «Ohne Erasmus geht diese Vielfalt verloren. Das finde ich schade.» Das Erasmus-Programm hat die 23-Jährige bei ihrem Austausch vielschichtig unterstützt. Vor Ort gab es eine Beratungsstelle. Ausserdem wurden Führungen organisiert, zum Beispiel ins Kanzleramt. «Ich musste mich lediglich an der Universität anmelden, Erasmus hat mir einen Grossteil der Organisation abgenommen. Dadurch konnte ich mich voll und ganz auf mein Studium konzentrieren.» Nach dieser Erfahrung möchte Corinna Haag für ihr Masterstudium noch einmal ins Ausland und arbeitet jetzt an der Uni Zürich fokussiert auf ihren Abschluss hin. «Ich überlege mir mehr bei dem, was ich tue. Ich konzentriere mich, bereite mich auf die Vorlesungen vor. Der Austausch hat mir viel gebracht. Es tut mir leid für jene, die noch hätten gehen wollen.»

Zu diesen gehört Andrin Monstein, der in Bern Wirtschaft studiert. «An der Universität ist ein gewisser Unmut spürbar», sagt er. Viele seiner Kollegen hatten einen Austausch geplant. «Die meisten Studenten haben gegen die Zuwanderungs-Initiative gestimmt. Jetzt sind wir es, die darunter leiden. Und während sich die Abstimmungs-Verlierer bemühen, zu verhandeln, scheinen die Gewinner vor allem zu schweigen.» Monstein wollte im Frühling 2015 einen Austausch im französischen oder spanischen Sprachraum absolvieren. Er hat beschlossen, abzuwarten und hofft, dass es dem Bundesrat gelingt, eine Lösung für die Studenten zu finden.

Samuel Brülisauer Co-Präsident Juso St. Gallen (Bild: pd)

Samuel Brülisauer Co-Präsident Juso St. Gallen (Bild: pd)