Wie eine verschmähte Traubensorte fern der Heimat ihr Glück fand Dies ist die Geschichte eines Verschmähten und Vertriebenen, der am andern Ende der Welt eine neue Heimat fand. Sein Name: Malbec. Seine alte Heimat: Frankreich.
Dies ist die Geschichte eines Verschmähten und Vertriebenen, der am andern Ende der Welt eine neue Heimat fand. Sein Name: Malbec. Seine alte Heimat: Frankreich. Das Land, wo der Flüchtling zur Ruhe – und zu neuer Blüte fand: Argentinien.
Malbec war einst sehr populär in Bordeaux und anderen Regionen Frankreichs.
Die Tatsache, dass die Rebsorte nahezu 400 regional verschiedene Namen hat, belegt die starke Präsenz in Frankreich. Doch das ist Vergangenheit. Prägend ist der Malbec nur noch in Cahors in Südwestfrankreich, in anderen Regionen spielt er eine immer diskretere Nebenrolle oder ist ganz von der Bühne verschwunden.
Die Gründe für diese Entwicklung skizziert Jancis Robinson in ihrem «Oxford Weinlexikon»: «Die Sorte hat ähnliche
Nachteile wie Merlot (Anfälligkeit für Verrieseln, Frost, Falschen Mehltau und Fäule), ohne dessen offenkundige Fruchtqualität zu besitzen.» (Verrieseln nennt man den Vorgang, wenn tiefe Temperaturen und Regen die Blüten in ihrer Entwicklung hemmen, was kleine, kernlose Beeren neben voll entwickelten zur Folge hat.) Man tat sich also schwer mit dem Malbec, der oft wie eine kurzlebige Version von Merlot schmecke, wie Robinson weiter schreibt.
In Bordeaux dominieren heute Cabernet Sauvignon, Cabernet franc und Merlot.
Ausgestorben ist die Sorte (die auch in Australien und Kalifornien nicht auf besondere Gegenliebe stiess) deswegen nicht. In Argentinien hat der Malbec eine zweite Heimat – und ein zweites Leben – gefunden. Und er dankt es mit guten Weinen. «Der Malbec ist ein eindrückliches Beispiel dafür, dass es durchaus Rebsorten gibt, die in der Neuen Welt besser gedeihen als an ihrem Herkunftsort», schreibt das Autoren-Trio Keller, Heller und Beglinger im Büchlein «Es muss nicht immer Chardonnay sein».
In Argentinien, vorab auf der Hochebene von Mendoza auf rund tausend Metern, fand der Flüchtling Bedingungen, die ihn zu neuer Blüte brachten. «Im warmen und trockenen Klima am Fuss der Anden scheinen die Gebrechen des Malbec wie weggewischt», heisst es bei Keller/Heller/Beglinger weiter. Ein richtiger Frühling, die Hitze des Sommers und ein meist milder Herbst kommen der langen Reifezeit der Sorte entgegen. Die Trockenheit reduziert die Anfälligkeit auf Krankheiten und Fäulnis.
Und so entstehen Weine wie der Puerta Secreta Malbec Reserva 2007 der Weinkellerei Zuccardi in Maipú unweit von Mendoza, dem Zentrum des argentinischen Weinbaus. Der sortenreine Barrique-Wein ist von dunkler Farbe, strotzt von Kraft, ohne aber ungestüm zu sein. Die Hitze der argentinischen Sonne auf tausend Metern scheint noch im Glas spürbar. Er macht sich schon diesen Sommer gut an der Grillparty, darf aber auch noch einige Jahre ruhen.
In Argentinien, dem fünftgrössten Weinerzeugerland der Welt mit einer fast fünfhundertjährigen Weinbautradition, ist der Malbec inzwischen die am meisten angebaute Rotweinsorte. Sie erzeugt dort neben einfachen Tischweinen auch Spitzenweine von Weltruf – welche die verschmähte alte Heimat bei Direktvergleichen schon mal das Fürchten lehren. Beda Hanimann
Puerta Secreta Malbec Reserva 2007, Familia Zuccardi, Mendoza. Fr. 19.–. Erhältlich bei Mövenpick.