Startseite
Ostschweiz
Die Toggenburger wollen ihr Spital mit einem neuen Konzept retten. Eine verständliche Verzweiflungstat. Ob das funktioniert, ist alles andere als sicher.
Kein Tal gibt sein Spital freiwillig her. Erst recht nicht, wenn die Gesundheitsversorgung prekär ist. Im Toggenburg gibt es kaum mehr Ärzte, die Fahrt von einem abgelegenen Hof bis zur nächsten Notfallaufnahme in Wil oder Grabs dauert schnell einmal eine Stunde. Kein Wunder, wehrt sich das Tal mit Händen und Füssen gegen die Schliessung des Spitals in Wattwil.
Der Kanton hat das Toggenburg spitalpolitisch mehr oder weniger abgesägt. Offiziell ist zwar von einer «Denkpause» die Rede, aber die Vorzeichen deuten auf einen drastischen Kurswechsel hin. Ohne rigide Sparmassnahmen, so prophezeit es der Verwaltungsrat der St. Galler Spitalverbunde, werde das Eigenkapital spätestens in zwei Jahren aufgebraucht sein. Was das heisst, hat der Verwaltungsrat bereits vorgerechnet.
Das Spital soll zu einem ambulanten Zentrum umgebaut werden: Weniger Personal, keine grösseren Operationen, keine Betten mehr.
Dass die Toggenburger nun mit einem eigenen Rettungskonzept hausieren, ist nachvollziehbar. Das Spital ist nicht nur zentraler Bestandteil der Gesundheitsversorgung, sondern auch ein wichtiger Arbeitgeber im wirtschaftlich ohnehin gebeutelten Tal. Ein Spital ist zudem ein gesellschaftlicher Bezugspunkt. Es stiftet Identität und prägt den Charakter einer Region.
Das Konzept der Hoffnung heisst «Integrierte Gesundheitsversorgung Toggenburg». Spital, Rettung, Notfall, Spitex, Pflegeheime und Ärzteschaft sollen stärker vernetzt werden, das Spital soll sich unter einer unabhängigen Führung auf die Innere und Altersmedizin konzentrieren, inklusive Bettentrakt.
Der Rettungsvorschlag hat aber Schönheitsfehler. Erstens: Er basiert auf Annahmen.
Etliche Details sind offen, diverse Fragen ungeklärt. Zweitens: Niemand weiss, was es kosten wird. Das Konstrukt kann nur Erfolg haben, wenn es wirtschaftlich markant besser abschneidet als das heutige Modell. Die Vorzeichen dafür sind alles andere als gut. Drittens: Die übergeordnete Perspektive fehlt. Vernetzung ist schön und gut, aber sie darf nicht nur bis zur nächsten Arztpraxis reichen. Spitalpolitik muss heute interkantonal funktionieren, die Talperspektive hat ausgedient. Nationale Politik und globale Megatrends – Tarife und Technologien – sind für die Zukunft der Toggenburger Gesundheitsversorgung mindestens so wichtig wie die Bevölkerungsentwicklung von Nesslau.