Im Katastrophenfall muss sich ein kantonaler Führungsstab innert kürzester Zeit ein Bild vom Ausmass der Schäden machen können. Für diese Aufgabe bildet der Ausserrhoder Zivilschutz eine Drohnengruppe aus. Als erster Kanton in der Schweiz.
Der Ausserrhoder Zivilschutz gründet eine eigene Drohnengruppe. Auch die noch. Gibt es nicht schon genug dieser - bisweilen nervenden - Fluggeräte? Wozu braucht der Zivilschutz überhaupt eine «Luftwaffe»? Dieser Gedanke kommt dem Laien, der diese Organisation bisher klischeehaft mit langen Kaffeepausen, gemütlichen Jassrunden und frühem Feierabend in Verbindung gebracht hat.
Dass das Ausserrhoder Projekt Hand und Fuss hat, merkt man während der Ausführungen von Drohneninstruktor Ueli Sager allerdings rasch. Im Katastrophenfall soll die Drohnengruppe den Führungsstäben und Blaulichtorganisationen mit ihren Bildern und Videos rasch ein vollständiges Lagebild vermitteln. Bei einem Erdrutsch, Überschwemmungen oder einem verstopften Flusslauf etwa. Auch einsturzgefährdete Objekte können mit der Drohne gefahrlos untersucht werden. Wenn nötig liefern die Spezialisten sogar eine Liveübertragung in den Kommandoposten.
Für solche Lagebeurteilungen griffen die Rettungskräfte früher auf Helikopter zurück. Diese haben aber Nachteile: Sie sind teuer, nicht immer verfügbar und fliegen nicht bei jedem Wetter. Bei den Drohnen ist das anders:
«Gut 45 km/h Windgeschwindigkeit, Dunkelheit oder Regen sind kein Problem. Bloss im Hagel sollte man nicht fliegen»
Das sagt Sager, der im Zivilleben eine eigene Firma für Drohnenaufnahmen besitzt und Präsident des Schweizerischen Drohnenverbandes ist.
Momentan bildet Zivilschutz-Leutnant Sager während einer Woche sechs Männer an der Drohne aus. Von langen Kaffeepausen ist nichts zu merken: Die zukünftigen Piloten sind gefordert. Sitzen im Theoriesaal und pauken Meteorolgie, Luftrecht, Flugvorbereitung und Navigation. Am Ende der Woche werden sie von einem externen Fachmann auf Herz und Nieren geprüft. Sie sollen das Drohnenzertifikat «Due» des Schweizer Drohnenverbandes erlangen. Dieses absolvieren auch professionelle Drohnenpiloten. «Miliztauglich und trotzdem professionell», lautet das Motto von Sager.
Vor dem Zivilschutzzentrum Bächli in Teufen stehen drei Angehörige des Zivilschutzes vor ihrer Drohne und machen sie startbereit. Ein Übungsflug steht auf dem Programm. Auftrag: Ein Trümmerhaus in einem Schuttkegel soll untersucht werden. Ein Mann fliegt das Gerät, einer bedient die um alle Achsen schwenkbare hochauflösende Kamera, ein Dritter erledigt den Funkverkehr mit der Zentrale.
Das Fluggerät bietet dem Piloten Unterstützung: Gewisse Wegpunkte können per GPS programmiert werden, die Drohne kehrt selbständig an ihren Startort zurück und bleibt auf auf Knopfdruck an einem Ort in der Luft stehen. Bis zu einer halben Stunde beträgt die Flugzeit; 500 Meter über Boden steigt das Gerät mit den vier Propellern. Der Pilot muss seine Drohne allerdings immer mit blossem Auge erkennen können. Das schränkt die Flughöhe ein.
Nebst den sechs Appenzeller Zivilschützern nehmen auch zwei ihrer Kollegen aus Nidwalden am Ausbildungskurs teil. Die beiden Kantone sind die Ersten, welche eine Drohnengruppe in den Zivilschutz integrieren. Sager sagt: «Auch in anderen Kantonen laufen solche Projekte. Wir führen viele Diskussionen mit anderen Zivilschutzorganisationen und tauschen uns aus.»
Zusatzkosten fallen beim Kanton vor allem für die beiden Drohnen an. 15'000 Franken kosteten die beiden Geräte mit zusätzlicher Kameraausrüstung. Eine Pikettorganisation stellt der Kanton für die Drohnengruppe nicht auf die Beine. Jedoch haben die Zivilschützer die Aufgabe, ihre Flugobjekte während des ganzen Jahres einsatzbereit zu halten.
Nach der Demonstration für die Medien geht es für die Drohnengruppe zurück in den Theorieunterricht. Es gibt noch viel zu lernen. Denn der Experte sei kritisch, sagte Sager seinen Zivilschützern zu Beginn der Woche. Wer besteht, geht dafür in die Luft. Happy Landing.