Der frühere Bundesaussenminister Joschka Fischer sagt, die Schweiz müsse beim Austausch von Bankkundendaten der EU ebenso entgegenkommen wie den USA. Der Fluglärmstreit interessiere schon in Stuttgart niemanden mehr.
Joschka Fischer: Ich bin auf der anderen Seite der Grenze geboren und aufgewachsen. Ich kenne die alemannisch-schwäbische Mentalität und bin oft in der Schweiz. Die Freiheitsgeschichte und das Zusammenleben dreier wichtiger Nationen verdient Bewunderung. Den Schweizer Eigensinn bewundere ich ebenfalls, obwohl er manchmal schwierig ist.
Fischer: Kein Kommentar. Ich bin Privatmann und nur noch dem Finanzamt und meiner Frau rechenschaftspflichtig.
Fischer: Es ist schade, dass die Beziehungen im Moment belastet sind. Der Flughafen ist ein regionales Problem. Probleme mit dem Fluglärm gäbe es auch ohne Grenze. Eine andere Sache ist das Bankgeheimnis. Seit der Finanzkrise gibt es eine andere Sicht auf die Steuerflucht, da viele Banken mit Steuergeldern gerettet wurden. Es war eine Illusion zu glauben, die Schweiz könne mit den USA einen Vertrag abschliessen und mit der EU gehe es weiter wie zuvor. Ich habe meinen Schweizer Bekannten gesagt: Wenn die Tür offen ist, bleibt sie offen. Der Finanzplatz Schweiz hat viele Vorzüge, so dass er ohne Bankgeheimnis überleben kann. 2013 ist ein Wahljahr in Deutschland. Die Versuchung, das Steuerabkommen zu Fall zu bringen, war für die Opposition zu verlockend.
Fischer: Die Lösung muss ein Kompromiss sein, da die Regionen auf beiden Seiten der Grenze den Flughafen nutzen.
Fischer: Das Image der Schweiz in Deutschland ist gut. In Berlin leben viele Schweizer, und die Flugzeuge zwischen Berlin und Genf sowie Zürich sind voll. Dass weniger Deutsche als Touristen in die Schweiz reisen, hat mit dem Wechselkurs zu tun. Die Steuerdebatte führt die Schweiz nicht nur mit Deutschland.
Fischer: Nein. Ich weiss nicht, worauf sich Herr Blankart bezieht. Alle ernstzunehmenden Politiker in Deutschland wollen gute Beziehungen zur Schweiz.
Fischer: Nein. Die direkte Demokratie verdient grössten Respekt und ist eine alte Tradition. Im 19. Jahrhundert war sie eine Forderung der Linken. In Deutschland gibt es die direkte Demokratie auf kommunaler Ebene in Bayern und Baden-Württemberg. Je weiter nördlich man kommt, desto kleiner ist ihre Rolle.
Fischer: Ohne jeden Zweifel. Die Schweiz ist aber in vielfältiger Weise von Entscheidungen in der EU abhängig. Wenn die Schweizer klug sind, erkennen sie, dass es immer schwieriger wird, die einzelnen Verträge anzupassen. Mit dem EWR würde die Schweiz besser fahren. Die Schweiz erbringt mit den Bahntunnels in den Alpen aber grosse Leistungen für den Nord-Süd-Verkehr. Das könnte sie stärker gegen aussen vertreten.
Fischer: Der Euro wird weiter- existieren. Dazu braucht es eine sehr viel stärkere fiskalische und politische Integration. Daran führt kein Weg vorbei. Deutschland wäre der grösste Verlierer, wenn das europäische Projekt scheitert. Zum Glück haben das alle wichtigen Parteien erkannt.
Fischer: Nein. Das Kapitel öffentliche Ämter ist abgeschlossen.
Fischer: Bis dann geht es fast ein Jahr. Aus heutiger Sicht läuft es in diesem Fall auf eine grosse Koalition unter Kanzlerin Merkel hinaus. Schwarz-Grün hat keine Grundlage, da sie keine Stimme in der Länderkammer hat und da man Deutschland nicht ohne die Länderkammer regieren kann.
Interview: Martin Knoepfel