Es wird uns noch leid tun: Wie oft haben wir Tatort-Angefressene am Sonntagabend ausgerechnet unseren Bodensee-Tatort schlechtgemacht.
Es wird uns noch leid tun: Wie oft haben wir Tatort-Angefressene am Sonntagabend ausgerechnet unseren Bodensee-Tatort schlechtgemacht. Oft ohne Grund, oft mit gehörigen Vorurteilen, immer häufiger schon im voraus, bis es gar hiess: Ach, diesen Sonntag hätte ich Zeit für Kino oder Jassen, weil da kommt ein Konstanzer…
Es kann uns jetzt leid tun, wenn der SWR als verantwortliche ARD-Anstalt meldet: Aus für den Konstanzer Tatort, Schluss für die Ermittler Klara Blum und Kai Perlmann. Nach 14 erfolgreichen Jahren habe man gemeinsam mit den Kommissardarstellern Eva Mattes und Sebastian Bezzel entschieden, sich zu verabschieden. 2015 sollen noch zwei Episoden gedreht und 2016 ausgestrahlt werden. Passend zur Todesmeldung der Titel des nächsten Bodensee-Tatorts: «Château Mort», Sendetermin 8. 2. 2015.
Wir werden sie noch vermissen. Unsympathisch waren sie einem nie gewesen; Mattes, die grossartige Fassbinder-Schauspielerin, und Bezzel, der ewige Jungschauspieler, der sich neben ihr stets zurückhielt. Vielleicht lag es an der Mutter-Bengel-Beziehung, die zwischen den beiden mitschwang, dass man über die Jahre bald einmal genug hatte von diesem Team. Sie, die feinsinnige, belesene Witwe mit Abgründen, er, der Typ smarter Wirtschaftsstudent mit tadellosen Manieren. Beide wirkten oft etwas unmotiviert, müde, zu abgeklärt, irgendwie lustlos, obwohl Perlmann stets nach einer Frau Ausschau hielt. Und obwohl da noch Beckchen herumwetzte, die doof-herzige, prollige Assistentin mit den superkurzen Röckchen – auch so ein überstrapaziertes Klischee.
Manche Bodensee-Episoden sind in guter Erinnerung geblieben, zum Beispiel «Der Kormorankrieg» (2008), der den bis heute brisanten Streit zwischen Fischern und Umweltschützern thematisierte, «Der schöne Schein» über Machenschaften in einer Schönheitsklinik am See (2011), und zuletzt «Die schöne Mona ist tot» (2013), ein beklemmendes Provinz-Porträt.
Aber insgesamt erschien einem der Konstanzer Tatort doch als arg bedächtig, wie der «Spiegel» meint: «Die letzte Episode, in der die Ermittler hilflos im Nebel um den Bodensee herumstocherten, wurde von fast allen Medien verrissen. Beinahe hatte man mit den Darstellern Mitleid.» Wenig Freude machte auch die 2008 eingeführte grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit dem Kanton Thurgau. Diese scheiterte oft an zu konstruierten oder einfallslosen Drehbüchern, an peinlichen Zuschreibungen, falschen Sprachübungen oder schlicht an der Eitelkeit des TG-Kollegen Stefan Gubser (der seit 2011 leider den Schweizer Tatort bestreitet). Bleibt die Hoffnung, dass Tatort-Ermittler weiterhin auch im Dreiländer-Bodenseeraum tätig sind, wenigstens fallweise. Wie wär's mit Josef Hader in Bregenz, Bruno Cathomas in Chur, pardon St. Gallen oder – endlich! – Roland Wiesnekker in Zürich? Auch Gubser-Nachfolger Roland Koch sähe man gern wieder mal am See, es muss ja nicht unbedingt im Nebel sein.