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Ostschweiz
Die Landesregierung wird keine Zeit haben, um St.Gallen und die Ostschweiz gründlich kennen zu lernen. Eigentlich schade. Ein paar der wichtigsten Trümpfe der Region.
Der Bundesrat führt seine Sitzung heute in St.Gallen durch. Schade, dass die Landesregierung keine Zeit haben wird, St.Gallen und die Ostschweiz gründlicher kennen zu lernen. Denn all diese Trümpfe - und mehr - hat die Region eigentlich zu bieten.
Johann Schneider-Ammann weiss wohl nicht erst seit seinem Besuch 2017 um die Bedeutung der Ostschweizer Industrie. Bekannte Namen wie Bühler Uzwil, Huber+Suhner, Stihl, Sefar, Leica oder SFS dürften sich auch in Bundesbern herumgesprochen haben. Anders als oft vermutet ist es nicht die Zentrumsregion St.Gallen, die in den letzten fünf Jahren die höchste wirtschaftliche Dynamik aufweist. Die stärksten Impulse kommen aus der Peripherie. Die meisten Industriearbeitsplätze sind im Rheintal zu finden: Hier beträgt der Anteil verarbeitendes Gewerbe 38 Prozent, stark ist vor allem die Autozulieferindustrie. Bei der Autozulieferindustrie stehen grosse Namen wie Daimler, BMW, Jaguar, Volvo, Nissan und VW auf der Kundenliste. (cz)
Es gibt kaum eine staatstreuere Gegend als die Ostschweiz. Wir sind selten aufmüpfig. Und wenn, dann mit gutem Grund. Dass wir uns für die Verkehrsinfrastruktur wehren, leuchtet jedem Bundesrat ein, der einmal per Zug durch das Rheintal nach Chur fahren muss. Wir massen uns keine eigene Aussenpolitik an (wie das Tessin) und wir setzen jedes Bundesgesetz buchstabengetreu und fristgerecht um. Und das alles, ohne je freundeidgenössisches Lob zu erwarten. (ar)
Der Osten ist wilder, als die Restschweiz denkt. Die Artenvielfalt der Natur mag im ganzen Land auf dem absteigenden Ast sein – doch die Ostschweiz sticht heraus. Botanisch gehören die Regionen Sarganserland und Werdenberg zu den reichhaltigsten der Schweiz. Auch die Fauna hat viel zu bieten. Am Calanda lebt das einzige Schweizer Wolfsrudel der Alpennordseite – und anders als die Walliser wissen die Ostschweizer ohne grosses Geheul damit umzugehen. Man trug es auch mit Fassung, als wandernde Wölfe vor den Toren der Stadt St.Gallen auftauchten – schliesslich war der heilige Gallus seinerzeit gar mit einem Bären unterwegs. Ebenfalls fast schon ein Heiligtum ist die Schweizer Goldschrecke, eine Insektenart, die weltweit nur noch im Kanton St.Gallen vorkommt. Sie lebt seit der Eiszeit im Churfirstengebiet – und denkt nicht daran, umzuziehen. Nur schon, weil sie keine Flügel hat. (av)
Wir haben nur die achtgrösste Stadt der Schweiz, aber den drittbesten Fussballclub. Und momentan wohl den beliebtesten Club-Präsidenten des Landes. Matthias Hüppi, der beste Transfer seit Charles Amoah, hat den Club in kürzester Zeit in neue Sphären geführt. Sportlich wie moralisch – man will hier jetzt sogar sauberen Fussball. Das Stadion wechselt zwar hin und wieder seinen Namen, die Fangemeinde ist aber so treu wie sonst nur Tifosi. Die Frage ist nicht mehr, ob der FC St. Gallen wieder mal Meister wird. Die Frage ist nur noch: wann? (ar)
Ein Berggasthaus im Appenzellerland auf der Titelseite des «National Geographic» – der «Aescher» hat es zu internationalen Ruhm gebracht, das Magazin kürte die Ebenalp vor ein paar Jahren zu einem der spektakulärsten Orte der Welt. Seitdem kommen noch mehr Touristen als zuvor. Der Säntis, dieser niederschlagsreichste Ort des Landes, bietet bei gutem Wetter eine phänomenale Sicht bis weit über den Bodensee hinaus. Unten, am Ufer, locken Velotouren, Schifffahrten, Kunstausstellungen, Äpfel und Erdbeeren Ausflügler an. Das Toggenburg und der Pizol bestechen je nach Jahreszeit mit Wanderwegen und Skipisten. Wer statt Natur lieber Kultur will, ist in der Stadt St.Gallen richtig mit seinen Museen, Fachwerkhäusern und Bauten aus der Zeit der Stickereiblüte. Und vor allem mit dem Unesco-Weltkulturerbe Stiftsbezirk. (kbr)
Die randständige Lage und das fehlende urbane Selbstverständnis gereichen der Kulturproduktion zum Vorteil: Anders lässt sich nicht erklären, warum die kleine «Ostschweizer Metropole» St.Gallen so viele hervorragende, oft schwarzhumorig-widerborstige Künstler hervorgebracht hat. Zwar gibt es in der Textil- und Typografie-Hochburg keine Kunsthochschule, doch dafür begünstigt das Jammertal fern aller Hysterie künstlerische Kräfte wie Konzentration, Ausdauer, Sorgfalt, Widerstandskraft und Eigensinn: siehe grosse Beispiele wie Roman Signer, Peter Liechti, Manuel Stahlberger. Und entgegen wiederkehrender bratwurstiger Verdrossenheit bleibt die jüngere Kulturszene vielfältig lebhaft: Die jüngsten Belege sind drei Filmpreis-Nominationen und mehrere St.Galler Popbands, die landesweit Furore machen. (mel)