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Ostschweiz
Ein 33-jähriger Schweizer ist vom Kreisgericht St.Gallen für fünf brutale Raubüberfälle verurteilt worden. Nun muss das Kantonsgericht den Fall neu beurteilen. Das Urteil steht noch aus.
Das Kantonsgericht St.Gallen wird entscheiden müssen, ob der Beschuldigte die Raubüberfälle tatsächlich begangen hat, welche Strafe für ihn angemessen und welche Therapie für ihn richtig ist. Das Kreisgericht St.Gallen hatte ihn im März 2019 zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren und drei Monaten sowie zu einer Geldstrafe und einer Busse verurteilt. Zudem ordnete es unter Aufschub der Freiheitsstrafe eine stationäre Massnahme an. Der Beschuldigte verlangt nun mit seiner Berufung mehrere Freisprüche, eine tiefere Sanktion von nicht mehr als sechs Jahren Haft und den Verzicht auf die Anordnung einer Massnahme. Die Staatsanwaltschaft beantragt zusätzliche Schuldsprüche, eine höhere Sanktion von 15 Jahren und Verwahrung.
Laut Anklage beging der Beschuldigte 2013 fünf brutale Raubüberfälle. Sie betrafen das Hotel Uzwil, Tankstellenshops in Bronschhofen und Wil, eine McDonalds-Filiale in Wil und einen Erotiksalon in St.Gallen. Vom Kreisgericht schuldig erklärt wurde er auch, weil er aus dem Gefängnis Appenzell floh, weil er einen Autofahrer ausgebremst und ihn mit einem Sturmgewehr bedrohte haben soll, und weil er zusammen mit Kollegen einen problematischen Mieter aus seiner Wohnung weisen wollte. Der Mann wurde dabei gefesselt, gewürgt und geschlagen.
Bei mehreren der Überfälle schreckte der Täter nicht zurück, seine Opfer zu verletzen. In der McDonalds-Filiale in Wil zwang er den Schichtleiter, ihn zum Tresor zu führen. Er schlug den Kopf des Opfers zweimal brutal gegen eine Wand. Nach diesem Überfall arbeitete der Schichtleiter im Abtwiler McDonald's. Der Zufall wollte es, dass er dort wenige Wochen später erneut von einem Räuber unter Waffengewalt ausgeraubt und durch einen Schuss in den Unterarm verletzt wurde.
Auch bei dieser Straftat stand der Beschuldigte unter Verdacht. Er erhielt jedoch von der Vorinstanz einen Freispruch, da die Beweise fehlten. Beim Überfall auf den Erotiksalon in St.Gallen sprang eine der Frauen aus Panik aus einem Fenster und verletzte sich schwer. Vorgeworfen wurde dem Beschuldigten zudem, dass er auf der Flucht vor der Polizei mit seinem Auto auf einen Beamten zusteuerte und ihm über den Fuss fuhr.
An der Berufungsverhandlung verweigerte der Beschuldigte jegliche Aussagen. Sein Verteidiger machte unter anderem geltend, das vorinstanzliche Urteil müsse aufgehoben werden, weil diverse Beweismittel nicht rechtskonform erhoben worden seien und die frühere Verteidigungen Mängel aufweisen würden. Konkret forderte der Verteidiger vor allem Freisprüche bezüglich der Raubüberfälle. Die Beweislage genüge nicht, um seinen Mandanten schuldig zu sprechen. Er befinde sich mittlerweile sieben Jahre in Haft. Er müsse per sofort aus dem Strafvollzug entlassen werden.
Die Staatsanwältin wies die von der Verteidigung hervorgebrachten Verfahrensmängel zurück. Die Beweise seien rechtsgenüglich und liessen keinen Zweifel offen, dass der Beschuldigte für die Raubüberfälle verantwortlich sei. Zum Antrag, der Beschuldigte sei zu verwahren, verwies sie auf ein psychiatrisches Gutachten. In diesem kam der beauftragte Psychiater zum Schluss, dass der Beschuldigte an einer dissozialen Persönlichkeitsstörung leidet und begrenzte Therapiemotivation zeigt. Das Rückfallrisiko bezeichnete er als hoch.
Somit sei der Beschuldigte für die Öffentlichkeit eine Gefahr, die mit therapeutischen Mitteln in absehbarer Zeit nicht verringert werden könne, erklärte die Staatsanwältin. Die Rechtsvertreterin zweier Opfer betonte, die Überfallenen litten noch heute unter den Folgen der brutalen Taten des Beschuldigten.
Die Berufungsverhandlung fand unter grosser Polizeipräsenz statt. Das Urteil des Kantonsgerichts steht noch aus. Bis zu einem rechtsgültigen Urteil gilt die Unschuldsvermutung.