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Eine junge Frauenfelderin hat ihren Unmut über die Kostümierung auf Gunsten einer ethnischer Gruppe auf Facebook kundgetan. Sie hat nicht nur positive Reaktionen erhalten.
Narrenfreiheit hat Grenzen: «Blackfacing geht in diesem Zusammenhang eindeutig zu weit», sagt Dominic Pugatsch, er ist Geschäftsführer der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus in Zürich.
Doch genau das, schwarz angemalte Gesichter, sind einer 26-jährigen Kunststudentin an der Frauenfelder Bechtelisnacht am Montag aufgefallen. Die junge Frau hat ihre Meinung in der Facebook-Gruppe «Du bisch vo Frauefeld, wenn…» veröffentlicht.
«Blackfacing ist ganz klar wahnsinnig rassistisch.»
Der Beitrag explodierte regelrecht, rund 260 Kommentare, allein bis Mittwochnachmittag.
Sie habe niemanden provozieren wollen: «Die Leute, welche sich so verkleidet haben, meinten das ja sicher nicht böse.» Aber sie wollte Frauenfeld für dieses Thema sensibilisieren, da Blackfacing einen historischen Kontext hat .
Wenn weisse Menschen sich dunkel schminken, um dunkelhäutige Personen zu imitieren, wird das als Blackfacing bezeichnet.
Den Ursprung hat das Blackfacing im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts, als in den USA die Minstrel-Shows aufkamen: In diesen stellten weisse Schauspieler, dunkel geschminkt und mit übertrieben dicken Lippen, auf klischeehafte Weise schwarze Sklaven dar.Die dunkelhäutigen Figuren waren dümmlich-naiv, lüstern, aber immer gut gelaunt, trotz der harten Arbeit als Sklaven. So wurden diese Menschen durch jene Darstellungen stereotypisiert und verhöhnt. Dabei schwang mit, dass die Sklaverei vielleicht gar nicht so schlimm sei.
Blackfacing taucht heutzutage in der Fasnacht auf – aber vor allem auch bei den Sternsingern. Politisch Korrekte monieren: Blackfacing gibt es nicht nur im realen Leben, sondern auch digital, und zwar, wenn sich Weisse schwarzer Emojis bedienen.
Nicht alle Kommentare zum Facebook-Beitrag der 26-Jährigen sind freundlich.
«Bei der ersten Selbstmordempfehlung habe ich aufgehört zu lesen.»
Ein Mann habe ihr geraten, sich in den Hals zu schiessen. Dass ihr Beitrag eine derartige Welle an Hassreaktionen auslöste, findet sie problematisch. Angst vor Angriffen hat sie deswegen aber nicht.
Der Studentin geht es nicht nur um Blackfacing, sie hält etwa auch ein Indianer-Kostüm für problematisch. Rassismus-Experte Pugatsch stimmt ihr zu:
«Es bedient Vorurteile aus einer Zeit, die längst vorbei ist und wird dieser Ethnie in keiner Weise gerecht.»
Für Pugatsch geht es dabei auch um Respekt. Beispiel Mexikaner: Gegen Sombrero und Poncho sei grundsätzlich nichts einzuwenden. Kommt noch der Patronengürtel und das Maschinengewehr dazu, sieht es anders aus. Man solle sich vorstellen, wie es einem selber ergehen würde in einem fremden Land.
«Wenn dort die Schweizer als ungewaschene Söldnerhorde dargestellt würden, fänden wir das vielleicht auch nicht lustig.»
Dass der Spass an der Fasnacht verloren geht, glaubt Pugatsch nicht. Witze auf Kosten anderer seien nie besonders lustig. Es gebe witzigere Sujets als Menschenfresser, gelb-gesichtige Chinesen mit Spitzhut oder andere althergebrachte Kostüme.
Ivan Gubler ist Präsident der Murganesen. Die Fasnachtsgesellschaft und die Murgratze prämieren jedes Jahr besonders fantasievolle Masken. Rassistische Verkleidungen sind ihm dabei noch nicht untergekommen. Wer sich zur Maskenprämierung anmeldet, der hat sich etwas Originelles ausgedacht. Momentan dominieren vor allem lokalpolitische Themen wie Verkehr und Baustellen.
Auch für Gubler gibt es Grenzen an der Fasnacht. Dass man sich etwa über Boots-Flüchtlinge lustig macht, geht nicht. Aber die Bechtelisnacht-Diskussion, wie sie gerade auf Facebook läuft, sei etwas an den Haaren herbeigezogen. An Fasnacht dürfe man schliesslich ausbrechen und in eine andere Rolle schlüpfen. Schliesslich fragt sich Gubler:
Sind die vielen kostümierten Polizistinnen und Krankenschwestern im Mini-Jupe und mit Ausschnitt dann nicht auch verwerflich, weil sexistisch?