Nostalgie
Ein Traktor wie ein Panzer stiehlt allen die Show in Tägerwilen

Am Samstagmorgen trafen sich zahlreiche Freunde alter Landmaschinen im Kuhhorn zum Winter-Oldie-Plausch.

Viviane Vogel
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Hanspeter Sonnberger mit seinem Koloss von einem Traktor, den er Obeligs nennt.

Hanspeter Sonnberger mit seinem Koloss von einem Traktor, den er Obeligs nennt.

Bild: Ralph Ribi

Über dem gefrorenen Feld steigen blau-graue Abgaswolken auf. Ein starker Diesel- und Ölgeruch steigt einem in die Nase. Drei Männer stehen am Ende des Ackers, jeder hinter einer kleinen Maschine. Ihre Finger sind schwarz verfärbt, ihre Wangen rot von der Aktivität bei Minustemperaturen. Peter Meister pflügt gerade mit einem alten Einachsschlepper von Holder eine schöne, gerade Furche. «Für diesen Acker lege ich den zweiten Gang ein. Bei ganz leichten Böden reicht sogar der erste.» Er lässt einen massiven Eisenhebel in die richtige Position einrasten. Automatik gibt es hier nicht, und es braucht viel Muskelkraft, um Herr der Maschine zu bleiben.

Bei eisigen Temperaturen treffen an diesem Samstagmorgen immer mehr Enthusiasten alter Landmaschinen beim Kuhhorn in Tägerwilen ein. Meister und seine Freunde sind von der Reichenau mit eigenen Exemplaren angereist. «Ich schätze die Vielseitigkeit bei diesem Hobby», sagt Michael Blum. «An meinen Oldtimer-Maschinen bastle ich herum, ich repariere, und ab und an gibt es eine kleine Ausfahrt.» Sein Freund Meinrad Heckmann geniesst die Entschleunigung. Er sagt:

«Zum Arbeiten gibt es die modernen Geräte. Diese schönen, alten Fahrzeuge dienen zum Entspannen.»

Blum pflichtet ihm bei: «Wenn ich damit ausfahre, erreiche ich im Schnitt nur 20 Stundenkilometer. Da sieht man viel mehr, probiert neue Wege aus und kommt in einen entspannteren Zustand.»

Landmaschinen verbinden die Generationen

23 Bilder

Immer wieder hupt ein Traktor. Die Besucher machen neugierig Platz, während sie versuchen, genau zu erkennen, was da an ihnen vorbeiknattert. «Diese Treffen machen mir eine grosse Freude», sagt Jörg Schweizer. Hinter dem Anlass steht die Sektion Ostschweiz der Dachorganisation Freunde alter Landmaschinen der Schweiz. Schweizer ist massgeblich an der Koordination beteiligt. «Beim Restaurant Kuhhorn ist die Lage ideal.» Auch mit der Beteiligung an diesem Samstag ist Schweizer zufrieden. Er sagt:

Jörg Schweizer von der Sektion Ostschweiz der Dachorganisation Freunde alter Landmaschinen der Schweiz.

Jörg Schweizer von der Sektion Ostschweiz der Dachorganisation Freunde alter Landmaschinen der Schweiz.

Bild: Viviane Vogel
«Von Nachwuchsproblemen kann keine Rede sein.»

Und tatsächlich: Man trifft nicht wenige junge Leute, und viele Grossväter hieven ihre Enkel auf Maschinen. Die Frage, ob die Augen von Willy Kernen oder die des Kleinkindes an seiner Hand mehr strahlen, ist schwer zu beantworten. Kernen sagt: «Ich will meinem Enkel die Erinnerung weitergeben, woher wir kommen und wo wir unsere Wurzeln haben.» Beim Landmaschinenfreund René Gascard war es genau umgekehrt: «Mein Sohn wollte mit mir ein Projekt anfangen. Ich hatte beruflich nie mit solchen Maschinen zu tun.» Doch aus dieser Idee entstand ein leidenschaftliches Hobby. Voller Stolz präsentiert Gascard seinen kleinen, rot glänzenden Traktor, den er von Grund auf restauriert hat. «Das war am Anfang Alteisen, das ich zum Kilopreis erstanden habe. Nun fährt es und ist zugelassen», sagt er nicht ohne Stolz.

Ein Koloss mit riesigen Reifen und ohne Steuerrad

Hanspeter Sonnberger.

Hanspeter Sonnberger.

Bild: Viviane Vogel

Am meisten Aufmerksamkeit erregt Hanspeter Sonnbergers Koloss von einem Traktor. «Ich nenne ihn Obeligs, aufgrund seiner Grösse», sagt der Besitzer. Der «Richard Continental CR8» hat riesige, dicke Reifen und erinnert an ein Kriegsgefährt. «Die französische Armee hat ihn entwickelt. Er funktioniert mit Panzer-Lenkung: Wenn ich nach links fahren will, muss ich links bremsen. Es gibt kein Steuerrad.» Der Traktor sei schon in der Fremdenlegion eingesetzt worden. Gefunden hat Sonnberger ihn in den Niederlanden. «Es ist kein Spass, damit von Berlingen nach Tägerwilen zu fahren.» Beim ersten Mal sei er beinahe im Tägerwiler Kreisel stecken geblieben. «Hoffentlich schaffe ich es nach Hause.»