Beim Arzttermin geflüchtet: Thurgauer Polizei wünscht sich mehr Personal für Gefangenentransporte

Innert weniger als 24 Stunden haben zwei Häftlinge in Gommiswald und Frauenfeld bei Arztterminen die Flucht ergriffen. Für die bewachenden Beamten sind solche Termine heikel.

Ines Biedenkapp
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Trotz Handschellen ist in der Ostschweiz zwei Häftlingen die Flucht beim Arzttermin gelungen. (Symbolbild: Keystone)

Trotz Handschellen ist in der Ostschweiz zwei Häftlingen die Flucht beim Arzttermin gelungen. (Symbolbild: Keystone)

Pro Jahr führt die Kantonspolizei Thurgau über 2000 Personentransporte mit Häftlingen durch. Dabei wird im Voraus abgeklärt, ob von einer erhöhten Gefährdung oder Fluchtgefahr auszugehen ist. Dementsprechend werden die Massnahmen beim Transport angepasst. Doch trotz aller Sicherheitsvorkehrungen kann es zu Überraschungen kommen.

So gelang diese Woche gleich zwei Häftlingen in der Ostschweiz die Flucht. Am Mittwoch türmte ein 22-jähriger Algerier in Gommiswald, und am Donnerstag floh ein 23-jähriger Marokkaner während eines Arztbesuches in Frauenfeld. Beiden Männern werden Einbrüche zur Last gelegt. Laut den beiden Kantonspolizeien gibt es zwischen den beiden Fällen keinen Zusammenhang.

Die jeweiligen Aufsichtspersonen schlugen sofort Alarm. Bei der Suche nach den geflüchteten Personen kamen mehrere Polizeipatrouillen, Hundeführer und sogar Helikopter zum Einsatz. Mit Erfolg – innerhalb weniger Stunden konnten beide Häftlinge wieder festgenommen werden.

Betreuer bleiben bei Visite dabei

Laut Matthias Graf, Mediensprecher der Kantonspolizei Thurgau, können einige der ärztlichen Untersuchen auch im Gefängnis durchführt werden. «Doch für einen Zahnarztbesuch oder Röntgenaufnahmen ist das nicht möglich», hält er fest.

Mit einem Gefangenenwagen und in Handschellen wurde der junge Mann von der Kantonspolizei Thurgau nach Frauenfeld zum Arzt gefahren. Ein Mitarbeiter des Transportdienstes der Polizei begleitete den Häftling. Dennoch schaffte es der Marokkaner, in Handschellen zu fliehen. Wie genau er das anstellte, ist derzeit noch unklar. Jedoch sieht die Kantonspolizei einen Grund darin, dass man zu wenig Personal habe. Graf sagt:

«Wir haben leider nicht die Kapazitäten, jeden Gefangenentransport mit mehreren Polizisten zu begleiten.»

Da sich der 23-jährige Marokkaner im Strafvollzug befindet und eine Flucht begangen hat, stellt dies ein schweres Disziplinarvergehen dar. Gemäss dem Amt für Justizvollzug des Kantons Thurgau kann dies mit Arrest geahndet werden. Je nach Fall kann dieser 14 bis 20 Tage betragen.

Im Treppenhaus geflüchtet

Auch im Kanton St.Gallen werden Häftlinge bei gesundheitlichen Problemen zu einem Arzt begleitet. «Sie werden durch die Polizei bewacht, was aufwendig und teuer ist», sagt Hanspeter Krüsi, Mediensprecher der Kantonspolizei St.Gallen. Bei grösseren medizinischen Problemen gibt es Spitäler, in welchen die Häftlinge in gesicherten Abteilungen untergebracht werden können, was keine polizeiliche Bewachung erfordert.

Da es im Gefängnis Uznach keine Krankenstation gibt, wurde der 22-jährige Algerier zu einem Arzt in Gommiswald gebracht und von einer Person begleitet. Dabei floh er, als ihm im Treppenhaus eine Privatperson entgegenkam.

Hanspeter Krüsi sagt:

«Jegliches Verlassen des Gefängnisses stellt ein potenzielles Fluchtrisiko dar.»

Deswegen würden solche Transporte in der Regel mit Handschellen durchgeführt. Ein Allheilmittel sind diese allerdings nicht – sowohl dem St.Galler als auch dem Thurgauer Häftling gelang trotz der Handschellen die Flucht.