Nach dem Fall Heiden ist der Kanton Appenzell Ausserrhoden unter Druck, seine strenge Wohnsitzpflicht zu lockern. Modell stehen könnten die Kantone St. Gallen oder Thurgau.
Die Überraschung war gross, als der Ausserrhoder Regierungsrat der Gemeinde Heiden beschied, dass die Wahl fürs Gemeindepräsidium wiederholt werden muss. Gallus Pfister aus Wil hatte am 12. April klar das Rennen gemacht, weil er aber zum Zeitpunkt des Urnengangs nicht in Heiden wohnte, sei die Wahl ungültig, entscheid die Regierung nach einer entsprechenden Beschwerde.
Wie Recherchen zeigen, ist man auch beim Kanton nicht glücklich über die strenge geltende Regelung. Der Departementssekretär für Inneres und Kultur, Thomas Wüst, sagt: «Kandidaten für Gemeindeämter sind immer schwieriger zu finden. Deshalb ist es falsch, wenn wir externen Kandidaten Knüppel zwischen die Beine werfen.» Offenbar laufen in der Ausserrhoder Verwaltung schon länger Anstrengungen, die Wohnsitzpflicht zu lockern. Allerdings sei man nicht so schnell vorwärts gekommen wie gewünscht, sagt Wüst. «Ziel ist es, dass möglichst bald, allerspätestens bis zu den Gesamterneuerungswahlen in den Gemeinden in vier Jahren, eine sinnvolle Lösung steht.»
Anschauungsmaterial könnten die Kantone St. Gallen oder Thurgau bieten. Dort muss ein Kandidat erst zum Zeitpunkt der Amtsübernahme in der Gemeinde wohnen – und nicht bereits bei der Wahl. Zudem werden in begründeten Fällen befristete Ausnahmen gewährt, zum Beispiel, wenn der gewählte Kandidat noch keine passende Wohnung ausfindig machen konnte.
Der Direktor des Schweizerischen Gemeindeverbands, Reto Lindegger, mahnt ebenfalls zur Vorsicht bei strengen Wohnsitzpflichten. Der Mangel an geeigneten Gemeinderäten beschäftige die Schweizer Kommunen stark. Jede zweite Gemeinde sei davon betroffen. «Wenn man die Hürden für auswärtige Kandidierende zu hoch ansetzt, hilft das den Gemeinden nicht, politisches Personal zu finden», sagt er. Liberalere Regelungen wie diejenige von St. Gallen machen deshalb in den Augen von Lindegger mehr Sinn.