AUF KUNDENFANG: Ein fragwürdiger Wettbewerbsgewinn

Der Versicherungsvermittler Swissallfinanz geht an Messen mit attraktiven Preisen auf Kundenfang. So geschehen an der Rhema in Altstätten. Wer den Hauptpreis nicht gewinnt, dem bietet die Firma als Trostpreis eine «unabhängige Finanzberatung» an – mitunter mit teuren Folgen.

Janique Weder
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Als Trostpreis winkt eine vermeintlich «unabhängige Finanzberatung». (Bild: ky/Martin Rütschi)

Als Trostpreis winkt eine vermeintlich «unabhängige Finanzberatung». (Bild: ky/Martin Rütschi)

Die Messen variieren, das Vorgehen nicht. Sei es in der Vergangenheit an der Hochzeitsmesse in St.Gallen, an der Wega in Weinfelden oder dieses Jahr an der Rhema in Altstätten: Die Swissallfinanz AG aus dem schwyzerischen Lachen lockt mit attraktiven Wettbewerbspreisen Kunden an. An der Rhema hat der Versicherungsvermittler eine siebentägige Reise nach Miami für zwei Personen in Aussicht gestellt. Die Messebesucher füllten den Talon aus. In der Hoffnung, zu den glücklichen Gewinnern zu zählen.

In einem dieser Zeitung bekannten Fall folgte wenige Tage nach dem Messebesuch ein Anruf eines Mitarbeiters der Swissallfinanz. Mit der Miami-Reise habe es leider nicht geklappt, sagte er. Dafür habe man eine «unabhängige Finanzberatung» im Wert von 1500 Franken gewonnen. Die Beratung umfasse eine Optimierung der Versicherungspolicen, der Steuern und Vorsorgen sowie eine Überprüfung der gesamten Finanzlage. Wer Swissallfinanz nicht kennt, lenkt womöglich ein. Denn: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.

Lukratives Geschäft

Dabei reicht eine Google-Recherche, um sich über Swissallfinanz ins Bild zu setzen. Bereits 2011 berichtete das Konsumentenportal K-Geld von einer Rheintalerin und einem Schaffhauser, die, unabhängig voneinander, an Messen eine Finanzberatung gewonnen hatten. Beide trafen sich mit der Swissallfinanz und liessen sich zum Abschluss einer Lebensversicherung bei Helvetia Versicherungen überreden. Preis der Police: mehrere tausend Franken pro Jahr. Für die Swissallfinanz ist das ein lukratives Geschäft, weil sie für solche Abschlüsse in der Regel üppige Provisionen erhält. Aber die beiden Gewinner kündigten ihre Verträge noch im ersten Jahr. Für den vorzeitigen Rücktritt verlangte die Swissallfinanz eine Gebühr in der Höhe von mehreren tausend Franken. Sowohl die Rheintalerin als auch der Schaffhauser erhoben Rechtsvorschlag. Seitdem haben sie nichts mehr von der Swissallfinanz gehört.

Hauptpreis nie vergeben

In einem weiteren Artikel schreibt K-Geld, dass die Dienstleistungen keineswegs neutral seien. Laut eines Ex-Mitarbeiters verkaufe die Swissallfinanz systematisch Policen der Helvetia. Derselbe Mitarbeiter erwähnte auch, dass der Hauptpreis nie vergeben worden sei.

«Philosophie geändert»

Die Vorwürfe sind laut Lucas Elsener, Leiter Qualitätsmanagement bei der Swissallfinanz, unbegründet. «Wir haben unsere Firmenphilosophie nach Erscheinen der Artikel von K-Geld auf den Kopf gestellt.» Die Forderungen, welche im Falle eines Vertragsrücktritts geltend gemacht wurden, habe die Firma abgeschafft. Trete ein Kunde nun frühzeitig aus einem Vertrag aus, fielen seitens der Swissallfinanz keinerlei Kosten an.

Fragen wirft auch die Mitarbeiterakquise der Swissallfinanz auf. Das Unternehmen sucht auf seiner Webseite «Quereinsteiger als Finanzberater im Aussendienst», Erfahrungen in der Finanzbranche seien nicht notwendig. Elsener verteidigt das Vorgehen: «Berufe im Aussendienst sind nur schwer erlernbar.» Wichtig sei, dass Mitarbeiter im ersten Jahr von Führungskräften begleitet und geschult würden. Ausserdem erhielten sie die Möglichkeit einer Weiterbildung zum Versicherungsvermittler, die von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma anerkannt wird.

Aus dem Vermittlerportal ebenjener Finma geht hervor, dass die Swissallfinanz Verträge unter anderem mit der Helvetia unterhält. Auf Anfrage bestätigt diese eine solche Tätigkeit der Swissallfinanz. «Aufgrund verschiedener Rückmeldungen haben wir jedoch einen Marschhalt eingelegt», sagt Mediensprecher Jonas Grossniklaus. Derzeit werde die Swissallfinanz bezüglich ihres Verkaufsverhaltens sowie ihrer Mitarbeiterausbildung überprüft. Neue Geschäfte würden erst im Fall einer positiven Beurteilung abgeschlossen.

Rhema will Gespräch suchen

Auch Rhema-Chef Simon Büchel zeigt sich erstaunt ob des Vorgehens von Swissallfinanz. Es sei nicht im Sinne der Rhema, fragwürdigen Ausstellern eine Plattform zu bieten. «Neue Bewerber werden auf ihre Seriosität überprüft.» Dazu gehörten eine gründliche Internetrecherche und die Durchsicht des Handelsregistereintrags. Auch würden andere Regionalmessen zu ihren Erfahrungen befragt. Da es sich bei Swissallfinanz aber um einen wiederkehrenden Aussteller gehandelt habe und bis vor der Messe 2016 keine Beschwerden über die Firma eingegangen seien, sei die Überprüfung in diesem Jahr nicht erfolgt. «Wir werden Swissallfinanz jedoch mit den Vorwürfen konfrontieren und dann entscheiden, ob wir das Unternehmen in Zukunft zulassen», sagt Büchel.