Auch in diesem Jahr war das Summerdays-Festival an beiden Abenden so gut wie ausverkauft. Sechs Thesen, weshalb das so ist und wo der Event noch besser werden kann.
Text: Michael Hasler
Bilder: Thi My Lien Nguyen
Es ist Samstagnachmittag, ziemlich genau 14 Uhr auf der prachtvollen Anlage des Summerdays-Festivals in Arbon. Kaum noch Spuren von der Vornacht, in der 12000 Besucherinnen und Besucher ein so grossartiges wie friedliches Happening miteinander feierten. Auf der Bühne tut die Schweizer Band Hecht, was sie schon den ganzen Sommer hinweg tat: das Publikum restlos begeistern. 5000 Gäste sind vom ersten Konzert an auf der Anlage. Und dies, obwohl die Sonne die Quaianlage auf gnadenlose 30 Grad aufheizt. Um halb fünf beim Auftritt von Pegasus meldet die Festivalleitung bereits 7000 Gäste. Was treibt so viel Publikum an zwei Tagen so früh auf die Anlage? Und was macht dieses Festival so erfolgreich? Ein Erklärungsversuch in sechs Thesen.
Wichtiger als alles andere beim Summerdays-Festival in Arbon ist das Festivalgelände selbst. Die Seepromenade und der See sind die unerreichten Stars des Festivals. Kein Festival der Schweiz hat den See so ins Gesamtkonzept eingebaut wie Arbon. Auch am Samstagnachmittag baden mehrere hundert Gäste vor, während und nach den Konzerten im 22 Grad warmen Nass. Eine spezielle Badeaufsicht stellen die Festivalbetreiber übrigens nicht. Diesen Part übernehmen die Sicherheitsleute. Erstmals wurde zudem ein Abstand von der Seepromenade zu den Booten vereinbart, von wo aus viele Schaulustige die Auftritte geniessen. Sabine Bianchi von der Festivalleitung sagt: «Uns ist es wichtig, dass unsere Badegäste eine definierte Zone haben, in der sie sich vergnügen können. Das war bisher nicht so.»
Das Summerdays-Festival ist mathematisch gesprochen das grösste gemeinsame Vielfache gleich mehrerer Generationen Musikinteressierter. Musikalisch bewusst kommerziell gehalten, vermengen sich hier die Geschmäcker von Eltern, Jugendlichen und Kindern. Und es ist dadurch über die Jahre hinweg ein sich völlig natürlich erneuernder Zyklus. Wer als Kind schon hier war, wird dies als Teenager wieder tun. Und aus Teenagern werden irgendwann Eltern...
Das Summerdays-Festival ist wahlweise Volksfest, Olma, Offa, Rhema, Open Air light, Klassenzusammenkunft, Geschäftsausflug, Vergangenheitsbewältigung und natürlich auch eine grandiose Singleplattform. Die beiden Tage haben über die Jahre hinweg ein klares Profil gefunden. Das Publikum am Freitagabend ist im Gros über 40, am Samstag fällt der Altersdurchschnitt um 15 bis 20 Jahre. Und woher stammen die Gäste? «Zu etwa 75 Prozent aus der Ostschweiz. Aber wir haben auch Gäste aus der Romandie, der Innerschweiz und dem süddeutschen Raum», sagt Sabine Bianchi.
In Arbon feiert die Schweiz weitgehend unter sich. Das Publikum könnte sich in dieser Konstellation auch an einem grossen Schwingfest zusammengefun-den haben. Anders als etwa am Paléo-Festival in Nyon oder auch beim Jazzfestival in Montreux ist das Publikum fest in Schweizer Händen, was auch das wiederkehrende Wirgefühl bei Konzerten von Schweizer Bands erklären mag.
5. Das kommerzielle
Musikprogramm
Nein, das Summerdays-Festival in Arbon ist in der Tendenz kein Ort, um weitgehend unbekannte Independent-Künstler zu entdecken. Am Freitagabend werden seit Jahren Classic-Rock-Bands mit durchaus klingenden Namen verpflichtet, die vor allem nostalgische Gefühle bedienen. Unternehmerisch ist das clever, von «anspruchsvolleren» Konzertgängern wird das Konzept aber auch immer wieder gerne belächelt. Stetig weiterentwickelt hat die Festivalleitung den Samstag. Eine geballte Ladung Schweizer Popmusik trifft hier auf kommerziell zugängliche aktuelle Bands. Die Idee funktioniert bestens: Das Samstagpublikum hat sich über die letzten Jahre hinweg deutlich verjüngt.
6. Und was bleibt zu tun?
Obwohl das Festival besuchermässig an seine Grenzen gestossen ist, gibt es durchaus Bereiche, in denen es sich noch verbessern kann. Das Gastrokonzept könnte etwas charmanter sein. Es fehlt jener weltoffene Geist, der die Food-Landschaften vieler Festivals auszeichnet. Das sieht auch Bianchi so: «Unser Konzept funktioniert, aber wir sind noch nicht dort, wo wir hinwollen. Beim Open Air St. Gallen sind wir deutlich weiter – farbiger, kreativer, experimenteller.» Fragt man bei Bianchi nach, was aus ihrer Sicht dem Festival noch fehle, schiesst es spontan aus ihr heraus: «Hier in Arbon, aber auch in der näheren Region fehlen ganz eindeutig die Hotels. Selbst für unsere eigenen Mitarbeitenden stossen wir an die Grenzen.»