AMRISWIL. In der Bibliothek Amriswil wird ein Projekt für fremdsprachige Literatur lanciert. Am Samstag wurden erstmals Bücher verschiedenster Sprachen gesammelt. Das Echo war gross. Die Bücher werden jetzt für die Ausleihung katalogisiert.
Zwischen den Bücherregalen wird eifrig diskutiert. Einige neue Besucher lassen sich von den Bibliothekarinnen einweisen, wo man am schnellsten welches Buch findet. Nichts Besonderes in einer Bibliothek – das Besondere am vergangenen Samstag war, dass für einmal nicht deutsch-, sondern fremdsprachige Bücher im Mittelpunkt standen. Sechs Kulturvermittlerinnen aus dem portugiesischen, spanischen, albanischen, türkischen und italienischen Sprachraum standen den Bibliothekarinnen zur Seite, die an diesem Samstag auch gebrauchte Bücher in Empfang nahmen. Im Hinterzimmer hatten sich die Spanisch sprechenden Kinder zu einer Erzählstunde versammelt.
In der Amriswiler Bibliothek standen bislang Bücher in englischer, französischer und italienischer Sprache und eine spanische Zeitschrift zur Ausleihe bereit. Für Paula Silva, Integrationsbeauftragte der Stadt Amriswil, war dies nicht genug. Sie ist Immigrantin aus Portugal und weiss, wie wichtig es ist, die Kultur des Heimatlandes zu pflegen. Zur Kultur gehört auch die Literatur, nur wer seine Muttersprache perfekt beherrsche, einen grossen Wortschatz pflege, sei auch fähig, andere Sprachen zu erlernen, ist sie überzeugt. Eine Bibliothek biete eine günstige Gelegenheit, sich diese Kompetenzen anzueignen.
Die Idee, die Amriswiler Bibliothek fremdsprachig zu erweitern, hegte Paula Silva schon länger. Sie hat in den verschiedenen Kulturkreisen und Vereinen nach Kulturvermittlern Ausschau gehalten und fünf aktive Frauen und einen Mann gefunden. Bei den Bibliothekarinnen stiess sie ebenfalls auf offene Ohren. «Uns fehlte allerdings das Geld, gross einzukaufen», sagt Bibliothekarin Uschi Tobler. Deshalb habe man gemeinsam diesen Samstag lanciert, zu dem die fremdsprachigen Mitbürger eingeladen waren, ihre gebrauchten, gut erhaltenen Bücher in der Bibliothek abzugeben. «Wir haben viele Bücher bekommen», sagt Uschi Tobler, in den kommenden 14 Tagen sollen sie katalogisiert werden. Es seien viele neue Besucher gekommen, die erstmals den Weg in die Bibliothek gefunden hätten. «Mit dieser Aktion konnten wir sicher für einige die Schwellenangst zur Bibliothek abbauen», was insbesondere auch den Kindern zugute komme. Denn nebst der Bibliothek gibt es in den Räumen im Kulturforum an der Bahnhofstrasse 22 noch die Ludothek.
Trotz grossem Publikumsaufmarsch ist Paula Silva noch nicht zufrieden. «Es ist ein Anfang, aber wir sind noch nicht dort, wo wir sein sollten.» Integration bedeute, dass ein Migrant seine eigene Kultur annehme und sich für seine Herkunft und seine Sprache nicht schäme. Erst dann sei jemand fähig, eine andere Kultur zu leben. «Wir haben noch sehr viel Arbeit vor uns.» Die nächste Veranstaltung ist am 20. März. Dann lädt der bekannte albanische Schriftsteller Mahir Mustafa zu einer interaktiven Lesung für albanische Kinder in die Bibliothek Amriswil ein.