Zuerst bauen – dann abreissen

Hektik um 5 vor 12: Die Primarschulbehörde kommt unter Druck, ihr Vorhaben im Bergli – ein Ersatzbau für die Säntis-Doppelturnhalle – mindestens ein Jahr später zu realisieren oder dann, wenn die neue Dreifachhalle steht. 200 Schüler und viele Turner stünden sonst im Regen.

Max Eichenberger
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Stein des Anstosses: Ein vorauseilender Abriss der Säntis-Doppelturnhalle bereitet grosse Probleme.

Stein des Anstosses: Ein vorauseilender Abriss der Säntis-Doppelturnhalle bereitet grosse Probleme.

Statt dass jede Körperschaft für sich wurstelt und nur eigene Bedürfnisse verfolgt, sollen sie im Interesse des gemeinsamen Wohls – in diesem Falle auch der Schüler und der in Vereinen Turnenden – eine tragbare Lösung und einen Masterplan erarbeiten.

Schon lange gegärt

Gegärt hat es schon lange. Jetzt redete Schulleiter Albert Kehl bei der Orientierungsversammlung der Primarschulgemeinde und der CVP Klartext. Gleichentags wurde auch bei der SP Kritik laut. Engpässe bei den Turnhallen gibt es schon lange. Jetzt verschärfen sie sich, weil die PSG im Bergli einen Ergänzungsbau mit einer Turnhalle und Schulräumen erstellen und die alte Doppelturnhalle abbrechen will. Neben der Bergli-Turnhalle genügte dem Primarzentrum Bergli eine Halle.

Unmögliches Szenario

Weil aber in der dem Abbruch geweihten Säntis-Halle sämtliche 200 Schüler der Reben-Sek ihre Turnlektionen abhalten, steht Schulleiter Albert Kehl vor einem veritablen Problem. «Wir können kein Turnen mehr anbieten.» So lange jedenfalls, bis eine Dreifachturnhalle auf dem Forsthausplatz steht. Doch diese befindet sich erst im Anfangsstadium der Planung. Einige Hürden sind noch zu nehmen. In drei Jahren frühestens könnten dort neue, dringend benötigte Kapazitäten zur Verfügung stehen, wenn es ohne Stolpersteine vorwärts geht. Ein unmögliches Szenario. Zumal auch im Sekundarschulzentrum Stacherholz die Sanierung der Doppelturnhalle ansteht (2011/12).

Besser koordinieren

Ausweichen könnte man nach einem guten Jahr Obdachlosigkeit 2010/11 immerhin nach Roggwil, wenn dort die neue Halle in Betrieb geht. Die Primarschulgemeinde Roggwil böte für eine solche Übergangslösung Hand. Ein Handicap bliebe: ein fast drei Kilometer langer Hin- und Rückweg für die Schüler.

Nach der Auflösung der Volksschulgemeinde Arbon seien die Schulbauten mitsamt Hallen relativ willkürlich den Körperschaften zugeteilt worden, sagt Kehl. Und im Bergli verfolge jetzt die Primarschule primär ihre eigenen Interessen. «Dass sie ihre Raumprobleme lösen will, anerkennen wir voll und ganz», aber dies sollte koordiniert erfolgen – mit den Mitnutzern, so dass diese nicht im Regen stehen. Dass die PSG ihren eigenen Zug fahre und den Schnellgang einlege, hänge mit Befürchtungen zusammen, die Primarschule könnte den Kredit im Nachgang einer Abstimmung über die Dreifachhalle nicht mehr so sicher ins trockene bringen. Das wird nicht nur gemunkelt, sondern hört man auch aus PSG-Kreisen. «Dabei sollte es doch grundsätzlich so laufen», gibt Kehl zu bedenken, «dass zuerst neuer Raum geschaffen wird, ehe man Altbauten abräumt.» Dass die Knappheit nicht noch zugespitzt werden sollte, findet auch Jugi-Leiter Christoph Lehner vom Turnverein STV, der die von der Vorgehensweise der PSG brüskierten Vereine vertritt. Ebenso äussert sich Urs Landolt, Sprecher der Interessengemeinschaft Sport Arbon.

Ballonhülle «ein Mist»

Eine Ballonhülle über dem Bergli-Hartplatz, wie offenbar studiert werde, sei als Übergangslösung untauglich und wäre nur hinausgeworfenes Geld, moniert Albert Kehl weiter. «Jeder, der einigermassen kostenbewusst denkt, kann da nur sagen: das ist Mist.» Denn: abgesehen davon, dass der Platz sich in einem miserablen Zustand befindet, fehlten Garderoben, sanitäre Anlagen und Geräteräume.

Man sei darum, schon in einem früheren Zeitpunkt, auf die Primarschulbehörde zugegangen mit dem Anliegen, das Säntis-Projekt im Gesamtinteresse auf eine andere Zeitschiene zu legen. Sprich: entweder um ein Jahr zu verschieben, oder – aus Kehls Sicht die Wunsch-Variante – erst nach der Dreifachhalle zu realisieren. Federführend hat dort die Sekundarschulgemeinde einen Wettbewerb ausgeschrieben; im Boot sind die Stadt, der Kanton als Träger des Bildungszentrums – und ebenso die PSG.

Über die Bücher

Den Projektierungskredit für die Säntis-Baute soll die Primarschulbehörde wie geplant am 8. Februar einholen und dann ab Sommer 2010 bauen. Zwei Monate wären ohnehin knapp bemessen, um das Bauprojekt mit sauberer Kostenberechnung auszuarbeiten und die Abstimmungsbotschaft vorzulegen. Das sagt nicht nur Kehl, sondern meinten auch Parteiexponenten von SP und CVP.

Am Dienstagabend nun räumten die PSG-Behördemitglieder Carmen Lüthy bei der CVP und Claire Dolder bei der SP ein, man werde «über die Bücher gehen».

Albert Kehl, Schulleiter Sek Reben. (Bild: Hannelore Bruderer)

Albert Kehl, Schulleiter Sek Reben. (Bild: Hannelore Bruderer)