Die in Amriswil beheimatete Beratungsstelle Conex familia steht unter neuer Leitung. Barbara Oehrle löst Madeleine Rickenbach in ihrem Amt ab. Sie will die Prävention vorantreiben und schon im Kindergarten ansetzen.
AMRISWIL. In einer Amriswiler Familie kracht es. Die Familienmitglieder liegen sich in den Haaren, die Situation eskaliert. Spätestens jetzt kämen Barbara Oehrle und ihr Team zum Zuge. Denn sie betreiben die Anlaufstelle Conex familia, in deren Zuständigkeitsbereich familiäre Probleme fallen. Für das Conex-Team ist der Einsatz dann, wenn alles aus dem Ruder gelaufen ist, eine zwar bekannte, nicht aber erwünschte Situation. Für alle Beteiligten besser wäre es, die Betroffenen würden sich frühzeitig an die Beratungsstelle wenden.
Barbara Oehrle hat sich deshalb auf die Fahne geschrieben, vermehrt Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Seit ein paar Wochen ist sie Geschäftsleiterin der Conex familia. Die Aufgabe hat sie von Stadträtin Madeleine Rickenbach übernommen. In den letzten Monaten habe sich gezeigt, dass ein 10-Prozent-Pensum für die Geschäftsleitung zu knapp sei, sagt Barbara Oehrle. Die nun zur Verfügung stehenden 30 Prozent waren der bisherigen Leiterin allerdings zu viel.
Für Barbara Oehrle heisst die teilweise Verlagerung ihres Arbeitsumfelds – sie ist weiterhin in einem reduzierten Rahmen als Beraterin tätig – sich klar abzugrenzen. Deshalb habe sie einen Tag pro Woche als fixer Bürotag eingeplant, der ihr den Raum gibt, sich mit allen Fragen zu beschäftigen, die die Leitungsfunktion mit sich bringt. Das Aufgabengebiet der neuen Conex-Leiterin erstreckt sich nicht nur über den Bereich Paar-, Familien- und Jugendberatung, sondern auch über die Mütter- und Väterberatung. Hier habe sie allerdings eine Stellenleiterin, die ihr einige Aufgaben abnehmen würde, sagt Barbara Oehrle.
Für Teamkollegin Henriette Eggler war die Veränderung von Barbara Oehrles Kompetenzbereich kein Problem. «Wir haben immer eine enge Zusammenarbeit gepflegt und können die im selben Rahmen weiterführen», sagt die Geschäftsleiterin. Für sie ist es wichtig, auf ein funktionierendes Team zählen zu können. Denn an Arbeit fehlt es nicht.
Die Beratungsstelle ist gut ausgelastet. Ein normaler Beratungstermin könne trotzdem in der Regel innerhalb von zwei Wochen angeboten werden, eine Krisenintervention wesentlich kurzfristiger. Betrachtet Barbara Oehrle die Statistik, sieht sie, dass die Zahl der Fälle in den letzten Jahren zwar konstant geblieben ist, die Komplexität aber markant zugenommen hat. Für das Beratungsteam eine wachsende Herausforderung.
Vielfach würden sich die Probleme kumulieren. «Vor ein paar Jahren hiess es noch, nach spätestens zehn Beratungseinheiten müsse ein Fall abgeschlossen sein», sagt die Geschäftsleiterin. Nun zeige sich, dass das in etlichen Fällen heute gar nicht mehr möglich sei.
Da sie um die Bedeutung einer frühzeitigen Hilfe weiss, möchte Barbara Oehrle das Angebot der Conex familia vor allem jungen Familien noch besser bekanntmachen. Den verstärkten präventiven Ansatz sieht sie etwa in den Kindergärten. Bereits heute ist die Conex familia ins Projekt der Schule Amriswil «Fit in den Kindergarten» integriert. «Die Zusammenarbeit mit der Schule funktioniert sehr gut», freut sich Oehrle.
Sie möchte die Beratungsstelle weiter entwickeln und einige neue Projekte aufgleisen. «Es sind derzeit viele Ideen vorhanden. Wir werden sehen, wo wir Prioritäten setzen müssen», sagt sie. Dabei denkt sie auch daran, die Strukturen der Mütter- und Väterberatung zu beleuchten.
Die Conex familia hat eine sehr tiefe Hemmschwelle. Seit die langjährig tätigen Beraterinnen mit der Stelle identifiziert werden, zeigen sich betroffene Familien offener und vertrauensvoller. In diesem Sinne möchte die neue Geschäftsleiterin Barbara Oehrle die Beratungsstelle weiter entwickeln.