«Sujets auf Kinderbuch-Niveau»

Ein Romanshorner bemängelt die Vorschläge für das Wappen einer fusionierten Gemeinde Romanshorn und Salmsach. Sie seien nicht nach den Kriterien der Wappenkunde erstellt und auf Kinderbuch-Niveau. Der zuständige Heraldiker weist die Kritik von sich.

Michèle Vaterlaus
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Marcel Huber ist mit den Wappenvorschlägen des Heraldikers nicht einverstanden. Seiner Meinung nach sollten das Horn von Romanshorn und die Krummstäbe von Salmsach im neuen Wappen zu sehen sein. (Bild: Michèle Vaterlaus)

Marcel Huber ist mit den Wappenvorschlägen des Heraldikers nicht einverstanden. Seiner Meinung nach sollten das Horn von Romanshorn und die Krummstäbe von Salmsach im neuen Wappen zu sehen sein. (Bild: Michèle Vaterlaus)

ROMANSHORN. «Alle bisherigen Vorschläge passen gut in ein Kinderbuch. Aber nicht auf ein Wappen.» So urteilt der Romanshorner Werner Huber über die Wappenvorschläge, die der Heraldiker Rolf Kälin im Hinblick auf die Fusion von Romanshorn und Salmsach ausgearbeitet hat.

Huber fehlt die Identifikation mit beiden Gemeinden über die Farben und die Elemente auf den Vorschlägen. Statt Gold und Schwarz, den Farben der bisherigen Wappen, sind diese in Blau und Weiss gehalten. Statt des Horns und der Krummstäbe sind Forellen und ein Schiffssteuerrad abgebildet.

Farben und Formen

Werner Huber hat wenig Verständnis für diese Vorschläge. «Es bietet sich doch an, das Gold und das Schwarz der bisherigen Wappen zu übernehmen, wenn schon beide die gleichen Farben haben.» Auch an den Sujets der neuen Wappen lässt er kein gutes Haar. «In der Regel werden bei Gemeindefusionen die Elemente der bisherigen Gemeindewappen eingefügt.» Zudem gehen ihm die Darstellungen zu sehr in Richtung Comic. «Die Fische sehen aus wie aufgeblasenes Kinderspielzeug», sagt er. Die Körperhaltung der Tiere sei völlig unnatürlich, der Kopf für Bodenseeforellen zu klein, das Maul zu kurz. Das Steuerrad halb im Wasser erinnert Huber an jenes des alten Phantasie-U-Bootes von Captain Nemo. «Ich frage mich, welcher Sinn damit vermittelt werden soll», sagt er. Denn bei Wappen sei die Semantik – also die Bedeutung der Zeichen – wesentlich – ebenso wie der historische Hintergrund.

Huber, der in seinem Theologiestudium auch Seminare über die Wappenkunde besucht hat, kritisiert denn auch Kälins Ausbildung auf dem Gebiet. «Er ist kein akademisch ausgebildeter Heraldiker, sondern ein Geschäftsmann, der Glasscheiben mit Wappen bemalt und verkauft.»

Wunsch der Arbeitsgruppe

Rolf Kälin weist diese Kritik von sich: «Seit 15 Jahren arbeite ich als Heraldiker, ich bin Vorstandsmitglied der Schweizerischen Heraldischen Gesellschaft und ich habe bereits ein Dutzend Gemeindefusionen heraldisch begleitet», sagt er. Zwar bemale er Glas mit Wappen, das habe sich aber dadurch ergeben, dass seine Frau eine Glaserei besitze.

Kälin räumt aber ein, dass es unterschiedliche Ansichten von Heraldikern bezüglich Wappen gebe. «Dabei muss man auch die Wünsche der Fusionsgemeinden berücksichtigen», sagt er. «Das ist immer eine sehr emotionale Angelegenheit.» Deshalb hat Kälin die Arbeitsgruppe des Fusionsworkshops, mit der er die Vorschläge ausgearbeitet hat, über die üblichen Handhabungen aufgeklärt: Es gibt Gemeinden, welche die ursprünglichen Wappen aufheben und in einem neuen die Farben und Elemente der alten Wappen vereinen wollen. Andere übernehmen ein Wappen einer der beiden Fusionsgemeinden für die neue Gemeinde, und wieder andere – so wie Romanshorn und Salmsach – wollen die ursprünglichen Wappen beibehalten und für die fusionierte Gemeinde etwas ganz Neues kreieren. «Die Mitglieder der Arbeitsgruppe waren der Meinung, dass eine ganz neue Gemeinde entstehen und dass dies mit einem neuen Wappen unterstrichen werden soll.»

Was die Kritik an den Bildelementen auf seinen Vorschlägen als «comicartig» angeht, meint Kälin: «Heraldik ist immer ein bisschen kindlich. Sie lebt davon zu abstrahieren und zu vereinfachen.» In Wappen gebe es grundsätzlich wenig Natürliches. «Oder hat vielleicht schon mal jemand einen Löwen auf zwei Beinen laufen sehen?»

Ein eigener Entwurf

Werner Huber hat es sich nicht nehmen lassen, selbst einen Vorschlag für das neue Wappen zu kreieren. «Es ist nur ein Entwurf, den ich aus Kopien im Photoshop zusammengestellt habe.» Er hat die Farben Gold und Schwarz der Gemeindewappen übernommen sowie deren Elemente, das heisst den Krummstab von Salmsach und das Horn von Romanshorn (siehe Bild). Seine Kreation hat er an die beiden Gemeindeammänner geschickt.

«Es ist nicht der einzige Vorschlag, den wir bekommen haben. Es gibt viele, die meinen, sie wissen es besser», sagt Kurt Helg, Gemeindeammann von Salmsach. «Wir wollen, dass eine neue Gemeinde entsteht. Ein neues Wappen soll das verdeutlichen. Und dieses soll sich von den jeweiligen Gemeindewappen abheben.» Dennoch haben die Gemeindeammänner ein offenes Ohr für Inputs aus der Bevölkerung: «Es gibt noch eine Umfrage, in der alle über die Vorschläge von Rolf Kälin abstimmen und eigene Ideen einbringen können», sagt David H. Bon, Gemeindeammann von Romanshorn. Hubers Entwurf werde als solche Eingabe aufgenommen. Zwar findet Bon, dass Huber mit seinen Aussagen die Arbeit der Workshopteilnehmer und jene von Rolf Kälin schlechtmache, doch intuitiv könne er dessen Beispiel nachvollziehen. «Nach der Umfrage wird sich zeigen, ob noch mehr ein solches Wappen wollen.»

Die drei Wappenvorschläge von Rolf Kälin unterscheiden sich in Form und Farbe von den Ursprungswappen. (Bilder: pd)

Die drei Wappenvorschläge von Rolf Kälin unterscheiden sich in Form und Farbe von den Ursprungswappen. (Bilder: pd)

Hubers Vorschlag für ein Wappen. (Bild: pd)

Hubers Vorschlag für ein Wappen. (Bild: pd)