ROMANSHORN: An der EU scheiden sich die Geister

An der Kantonsschule diskutierten Schülerinnen und Schüler mit Politikern über das Verhältnis der Schweiz zur Europäischen Union. Die Meinungen gingen weit auseinander.

Barbara Hettich
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Die Podiumsteilnehmer: Walter Müller, Aurel Gautschi, Aline Senn, Marc Dönni, Werner Gartenmann und Lukas Wegmüller. (Bild: Barbara Hettich)

Die Podiumsteilnehmer: Walter Müller, Aurel Gautschi, Aline Senn, Marc Dönni, Werner Gartenmann und Lukas Wegmüller. (Bild: Barbara Hettich)

Barbara Hettich

romanshorn@thurgauerzeitung.ch

Das Thema am Politpodium der Kantonsschule am vergangenen Freitag hätte kaum aktueller sein können. In den nächsten Tagen wird Bundesrat Ignazio Cassis die Strategie zum Erhalt der bestehenden Beziehungen der Schweiz zur EU bekannt geben. Das Interesse der Schülerinnen und Schüler war entsprechend gross, die Aula war gut besetzt, und auf dem Podium diskutierten namhafte Politiker. EU-Befürworter und EU-Skeptiker kreuzten die Klingen, wobei die beiden Schüler-Moderatoren Aline Senn und Marc Dönni den Akteuren viel Spielraum für deren Argumentationen liessen.

«Die EU ist wichtig für die Schweiz», hatte Alessandro Delprete, Informationschef des eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), eingangs des Podiums in einem Inputreferat via Skipe den Schülerinnen und Schülern erklärt. Unser Wirtschaftswachstum sei dank bilateraler Verträge weit höher als dies mit einem Freihandeslabkommen wäre. Seine Aussagen belegte er mit eindrücklichen Zahlen.

Schweiz ist als Transitland wichtig für die EU

Die Schweiz sei durch ihre ­geografische Lage als Transitland wichtig für die EU, erklärte ­Alessandro Delprete weiter. Mit dem Erweiterungsbeitrag (Kohäsionszahlungen) leiste die Schweiz zudem einen Beitrag an die Stabilität der östlichen EU-Länder, eine Stabilität, die wiederum auch im Interesse der Schweiz sein dürfte.

Die Europäische Union will der Schweizer Börse die Äquivalenz nur noch für ein Jahr geben. «Verliert die Europäische Union langsam die Geduld mit der Schweiz?» Mit dieser Frage eröffnete Aline Senn die Podiumsdiskussion, und Werner Gartenmann, Geschäftsführer bei der Auns (Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz), liess sich nicht zweimal bitten. «Das ist mir eigentlich egal», die Schweiz dürfe sich nicht unter Druck setzen lassen. In der EU sei die Demokratie nicht sehr weit fortgeschritten, deshalb sehe er die Schweiz auch längerfristig nicht in der EU. Im Gegenteil: «Es ist Zeit, die Zuwanderungspolitik wieder nach Hause zu holen.»

Ganz anderer Meinung waren die beiden Europa-Befürworter Lukas Wegmüller, Generalsekretär der Nebs (Neue Europäische Bewegung Schweiz), und Aurel Gautschi vom Vorstand YES (Young European Swiss). «Wir müssen für die Personenfreizügigkeit kämpfen, damit wir auch im Ausland studieren können», hob Aurel Gautschi die Vorteile hervor. Lukas Wegmann betonte, dass der bilaterale Weg wichtig und richtig sei, in der Zukunft sehe er die Schweiz aber als Bestandteil eines Vereinigten Europas, denn nur gemeinsam könne man grössere Probleme angehen, und er wünsche sich, dass die Schweiz dabei auch mitrede.

Der St. Galler FDP-Nationalrat Walter Müller, Mitglied der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats, bestätigte seinerseits, wie wichtig die bilateralen Verträge für die Schweiz sind. «Jeder zweite Franken kommt aus der EU, wir können in Bildung und Forschung nur investieren, wenn unsere Wirtschaft läuft», gab er zu bedenken. Sprengstoff gebe es bei den dynamischen Abkommen, bei welchen EU-Recht automatisch übernommen wird. Er setze auf eine kluge Aussenpolitik, welche unsere demokratischen Werte schützte.