Liebe auf den ersten Blick

KRADOLF. In unzähligen Arbeitsstunden verwandelte Stefan Kubli einen fast 50 Jahre alten, rostigen Trax in ein Prachtexemplar. Weil der Kradolfer deswegen kaum noch Zeit für seine Freundin hatte, sorgte diese für Unterstützung.

Hugo Berger
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Präsentieren den restaurierten Caterpillar: Stefan Kubli (am Steuer) und Philipp Meier, der bei der Arbeit behilflich war. (Bild: Hugo Berger)

Präsentieren den restaurierten Caterpillar: Stefan Kubli (am Steuer) und Philipp Meier, der bei der Arbeit behilflich war. (Bild: Hugo Berger)

Sandra Mäder war schon etwas verblüfft, als ihr Freund Stefan Kubli ihr eines Tages eröffnete, er habe eine Freundin. Diese heisse Rösli und habe sein Herz im Sturm erobert. «Den Gipfel fand ich, dass Stefan die Stirn hatte, mich zu fragen, ob ich ihr Foto sehen wolle.» Natürlich wollte sie – und musste herzhaft lachen: Rösli entpuppte sich als eine alte, rostige Baumaschine, ein Trax der Marke Caterpillar, Modell 933G, Jahrgang 1965.

Wartete auf Verschrottung

«Es war schon lange mein Traum, eine alte Baumaschine zu restaurieren», erzählt Stefan Kubli. Dass er das ausrangierte Gefährt entdeckte, war reiner Zufall. Die Baumaschine stand abseits auf einem Gelände, wo sie seit zehn Jahren still vor sich hinrostete und auf die Verschrottung wartete. Doch Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters: Das Herz Stefan Kublis machte einen Freudensprung. Er wusste von der ersten Sekunde an: Das ist mein Rösli! «Die alte Dame lief sogar noch, aber sie stotterte und zitterte jämmerlich», erinnert sich der Maschinist.

Hilfe dank Internet

In einer gemieteten Remise machte sich der 34-Jährige umgehend, aber mit Bedacht ans Werk. Eine Maschine in ihre Einzelteile zu zerlegen, ist keine Kunst, sie wieder richtig zusammenzubauen, hingegen schon. Dafür braucht man in der Regel eine detaillierte Anleitung. Doch woher eine solche nehmen für eine fast 50 Jahre alte Maschine? Fündig wurde der umtriebige Hobbymechaniker dank Internet in den USA. Jetzt konnte es richtig losgehen. Fortan war Kubli in jeder freien Minute in der Remise bei seinem Rösli anzutreffen.

Kaum noch Zeit verbrachte er mit seiner Freundin Sandra Mäder. Dieser wurde es schliesslich zu bunt, dass sich alles nur noch um Rösli drehte – ein Freund musste her. Nein, nicht für sie, sondern für Stefan, eine Fachkraft, die ihm zur Seite stand, damit er mit der Restauration schneller fertig wurde. Philipp Meier hiess der Mann, der fortan mit Stefan Kubli das Innenleben von Rösli in Einzelteile zerlegte, reinigte, reparierte, was kaputt war, und das Ganze schliesslich wieder zusammenbaute.

Rösli muss nicht arbeiten

«Es gab auch Teile, wie etwa den Kettenspanner, die wir komplett neu herstellen mussten. Das war nur mit Hilfe von Kollegen möglich», berichtet Kubli.

Heute, nach drei Jahren, sieht Rösli aus, als käme sie direkt aus der Fabrik. Sie strahlt wie ein Cadillac im Schaufenster. Dazu hat sie auch allen Grund, denn Arbeit ist für sie nicht angesagt. «Um im Dreck zu wühlen, dafür ist sie mir im Moment einfach noch zu schade», erklärt Kubli und betrachtet sein Rösli mit stolzem Blick. Ihr neues Leben wird in ruhigen Bahnen verlaufen. Und die Baumaschine wird kein Stäubchen ansetzen, soll sie doch an Oldtimer-Treffen gebührend bewundert werden.

Ende gut, alles gut

Freude an Rösli hat auch Sandra Mäder. Sie ist sichtlich stolz auf ihren Freund, der es geschafft hat, eine schrottreife Baumaschine in ein tadellos funktionierendes Prachtexemplar zu verwandeln. Fortan will Stefan Kubli seine Freizeit wieder öfters mit Sandra verbringen. Hinter vorgehaltener Hand jedoch lässt er verlauten: «Wenn ich – ganz zufällig – irgendwo wieder eine alte Baumaschine entdecke, wer weiss…»