BISCHOFSZELL. In der Region Bischofszell sind in den letzten Wochen vier Hunde gestorben. Alle völlig unerwartet und ausgesprochen qualvoll. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Tiere vergiftet wurden, ist gross. Zwei Fragen stehen unbeantwortet im Raum: Von wem und weshalb?
Ein Monat ist vergangen, seit Eva Häuptle von ihrer Labrador-Hündin Afra für immer Abschied nehmen musste. Das achtjährige Tier hatte zehn Tage ums Überleben gekämpft. Selbst eine rasche professionelle Behandlung in einer Tierklinik war umsonst gewesen. Viele Indizien deuten darauf hin, dass Afra am Zusammenfluss von Sitter und Thur einen vergifteten Köder gefressen hat. Die Erschütterung steht der 66jährigen Bischofszellerin noch immer ins Gesicht geschrieben. «Mit so etwas habe ich nie im Leben gerechnet», sagt Eva Häuptle.
Reinhold Zepf, Präsident des Tierschutzvereins Bischofszell- Weinfelden und Umgebung, hat Kenntnis von acht Fällen im Oberthurgau, die auffällige Analogien aufweisen. So erkrankten die Hunde jeweils 24 Stunden nach dem Spaziergang mit ihrem Besitzer; auch die Symptome – Erbrechen von Blut und blutiger Durchfall – waren die gleichen. Erst zu Beginn dieser Woche erfuhr Zepf von zwei weiteren Fällen. Besonders gefährlich scheint der Thurwanderweg bei Bischofszell zu sein. Mehrere Hunde zeigten Vergiftungserscheinungen, nachdem sie dort ihren Auslauf genossen hatten.
«Dass vergiftete Köder bewusst ausgelegt werden, kommt zum Glück nur selten vor, doch hier deutet doch vieles auf ein solches Vorgehen hin», sagt Zepf. Einen wissenschaftlich fundierten Beweis könnten nur toxikologische Gutachten erbringen. Doch das sei eine äusserst kostspielige Angelegenheit, da jede giftige Substanz separat nachgewiesen werden müsse, weiss Zepf. Vor diesem Hintergrund sei es verständlich, dass betroffene Hundehalter vor einem solchen Auftrag zurückschreckten.
Aus Sicht des Tierschutzes stünden ohnehin präventive Massnahmen im Vordergrund. «Es muss jetzt verhindert werden, dass noch weitere Haus- oder auch Wildtiere einen so grausamen Tod erleiden.» Der Tierschutzverein habe daher für sachdienliche Hinweise eine Belohnung von 500 Franken ausgesetzt und Strafanzeige gegen unbekannt wegen vorsätzlicher oder fahrlässiger Tierquälerei erstattet. Die Erfolgschancen seien schwer einzuschätzen, räumt Zepf ein. Vor einigen Jahren habe man mit dieser Methode jedoch Erfolg gehabt. Zepf versichert, dass alle Informationen streng vertraulich behandelt würden. Hinsichtlich des Motivs tappt auch der Präsident des Tierschutzvereins im Dunkeln. «Es ist vorstellbar, dass sich jemand in seiner Freizeitaktivität durch die Hunde behindert fühlt und glaubt, sich auf diese Weise wehren zu müssen, aber das ist nicht mehr als eine Vermutung.» Selbst eine unbeabsichtigte Vergiftung der Hunde, zum Beispiel durch ein Düngemittel, könne derzeit nicht völlig ausgeschlossen werden, führt Zepf aus.
Eva Häuptle meidet heute den Thurwanderweg, wenn sie mit Cismo, ihrem zweiten Hund, spazieren geht. Der fünfjährige Bergamasker-Terrier-Mischling wurde im Oktober ebenfalls Opfer einer Vergiftung, überlebte jedoch wie durch ein Wunder. Frei laufen lässt Eva Häuptle den Hund auch an anderen Orten nicht mehr. Zu gross ist ihre Angst, dass sich das tragische Ereignis wiederholen könnte. Denn aufgrund des langsam wirkenden und somit besonders perfiden Giftes geht Eva Häuptle davon aus, dass jemand am Werk ist, der sich mit Giftstoffen gut auskennt. «Laie ist das keiner.»
Die Frage nach dem Beweggrund des Täters beschäftigt Eva Häuptle. «Es muss jemand sein, der einen riesengrossen Frust hat», sagt sie und ist überzeugt, dass die verwerflichen Taten letztlich gar nicht gegen Tiere gerichtet sind. «Da will sich jemand – aus welchen Gründen auch immer – nicht an bestimmten Hundebesitzern, sondern generell an den Menschen rächen. So nach dem Motto: Ihr habt mich bestraft und jetzt bestrafe ich euch.» Als gelernte Krankenschwester mit Berufserfahrung in einer psychiatrischen Klinik traut sich die Bischofszellerin diese Einschätzung zu. «Ich weiss, wie solche Leute ticken.»