Die Staatsanwaltschaft legt Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichts Weinfelden ein. Dieses hatte den Stadtammann von Bischofszell freigesprochen. Die Unklarheiten um die Tour de Suisse werden erneut beleuchtet.
FRAUENFELD. Josef Mattle muss sich nochmals vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft geht in Berufung. Dies bestätigt auf Anfrage Stefan Haffter, stellvertretender Generalstaatsanwalt und Medienverantwortlicher der Staatsanwaltschaft Thurgau.
Wie Haffter sagt, hat die Staatsanwaltschaft, nachdem das schriftlich begründete Urteil des Bezirksgerichts Weinfelden am 10. Februar eingegangen ist, «die Überlegungen des Gerichts und insbesondere dessen Beweiswürdigung, die zum Freispruch von Stadtammann Josef Mattle geführt haben, genau analysiert». Infolge kam die Staatsanwaltschaft zum Schluss, gegen das erstinstanzliche Urteil in allen Teilen Berufung zu erklären. Das Bezirksgericht Weinfelden hatte Josef Mattle in den Anklagepunkten qualifizierte ungetreue Geschäftsbesorgung und ungetreue Amtsführung am 15. November 2013 freigesprochen.
Zu den Gründen und Argumenten, die die Staatsanwaltschaft erwogen haben, das Verfahren weiterzuziehen, erklärt Stefan Haffter, dass diese anlässlich der Berufungsverhandlung vor Obergericht vorgetragen werden. «Bis dahin muss man sich in Geduld üben.»
Wann die Berufungsverhandlung stattfindet, ist noch nicht klar. Der Termin wird vom Obergericht festgelegt.
Die Staatsanwalt legt Josef Mattle zur Last, dass er mit der Tour-de-Suisse-Organisatorin International Management Group AG (IMG) einen Vertrag abschloss, obwohl hierfür keine Budgetposition vorgesehen war, und 54 000 Franken aus der Stadtkasse an die IMG überwies. Zudem habe sich der Gemeindeammann verpflichtet, an die anfallenden Kosten des Rad-Events 30 000 Franken aus eigener Tasche zu bezahlen. Dies sei nicht erfolgt, deshalb habe die Stadt Bischofszell für ein höheres Defizit aufkommen müssen.
Das Bezirksgericht Weinfelden kam zum Schluss, dass die Beschlüsse des Stadtrates unklar gewesen seien und Josef Mattle deshalb annehmen durfte, dass die Stadt Bischofszell Veranstalterin ist und er in ihrem Namen den Vertrag mit der IMG unterzeichnen und die erforderlichen Zahlungen auslösen durfte. Man könne Josef Mattle auch dann strafrechtlich nichts vorwerfen, wenn er den Vertrag nicht hätte abschliessen dürften, dies aber nicht wusste. Mattle habe ohne böse Absicht gehandelt.
Josef Mattle war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Gegenüber SRF Regionaljournal Ostschweiz sagte er, es sei unglaublich, was da ablaufe. Er sei überrascht, damit habe er nicht gerechnet. Vize-Ammann Helen Jordi sagte dem Radiosender, Josef Mattle werde seine Geschäfte als Stadtammann ohne Einschränkung bis zur Berufungsverhandlung weiterführen. Sicher werde die neue Situation Thema der Sitzung des Stadtrates von Mitte nächster Woche sein.
Josef Mattle wird am 1. Mai dieses Jahres 65 Jahre alt. Seine Amtszeit als Stadtammann dauert bis Frühjahr 2015.