Luljeta Bislimi hat eine Spendenaktion für die kleine Amsera gestartet, die in Kosovo als einzige ihrer Familie ein Lawinenunglück überlebt hat. Die 21-Jährige aus Kreuzlingen hat schon gegen 1000 Franken gesammelt und möchte das Geld dem Mädchen persönlich übergeben.
KREUZLINGEN. Kosovo, Mitte Februar: Eine Schneelawine hat in einem Dorf ein Haus verschüttet. Die fünfjährige Amsera überlebte als einzige von der ganzen Familie. «Als ich im Internet auf ein Video und Bilder der Rettungsaktion der kleinen Amsera gestossen bin, hat mich das erschüttert», sagt Luljeta Bislimi. «Das Mädchen hat nur überlebt, weil es ihre Mutter mit ihrem Körper geschützt hatte.» Vom Schicksal des Mädchens tief berührt, fasste die 21-Jährige darum den Beschluss, zu helfen und Geld zu sammeln.
«Am 14. Februar habe ich auf Facebook die Gruppe <Amsera – be part of it> gegründet und meinen Freunden die Nachricht geschickt, dass ich eine Spendenaktion starte.» Schnell habe sie viele Reaktionen erhalten. Auch auf ihr Mail, das sie an der Pädagogischen Hochschule (PH) an den ganzen Verteiler verschickt hatte. An der PH absolviert Luljeta Bislimi im dritten Lehrjahr die Ausbildung zur Kauffrau. Sozusagen als Sicherheit, dass ihre Idee Gehör findet, hat sie sich auch mit dem Verein Schweiz-Albanien in Verbindung gesetzt, der sie unterstützt.
«Die meisten Rückmeldungen waren positiv», erzählt sie. «Das hat mich total überrascht und gefreut.» Klar habe es einige Personen gegeben, die ihr nicht recht trauten und vermuteten, dass sie das Geld für sich sammeln würde. «Doch das ist nicht der Fall.» Viele Leute hätten sie auch angerufen oder sich mit ihr treffen wollen, um über die Spendenaktion zu sprechen. «Das hat zwar viel Zeit in Anspruch genommen, doch das habe ich gerne gemacht», sagt die Kreuzlingerin. «Es kommt ja alles Amsera zugute.»
Luljeta Bislimi hat auf der Thurgauer Kantonalbank ein Spendenkonto für das Mädchen eingerichtet und schickt Interessenten einen Einzahlungsschein zu. Auf das Geld habe sie keinen Zugriff, bis sie es abhole. «Bisher habe ich fast 1000 Franken gesammelt, aber es sind noch Zahlungen offen», meint sie stolz. Sie selber werde natürlich ebenfalls einen Beitrag leisten und auch ihre Familie und Verwandte haben Spenden versprochen. «Es sollte am Schluss ein schöner Batzen zusammenkommen», hofft die Thurgauerin. Die Aktion lasse sie noch bis im April laufen.
Im Frühling möchte Luljeta Bislimi mit ihrem Vater nach Kosovo reisen. Die Fahrt finanziert sie selber. «Amsera wohnt nun bei einem Onkel. Dieser hat selber Kinder und die Familie lebt in bescheidenen Verhältnissen», beschreibt sie die Situation. Sie wolle das gesammelte Geld dem Onkel persönlich übergeben und sich versichern, dass es auch für Amsera verwendet werde. «In Kosovo sind 1000 Franken sehr viel wert», erzählt sie. Selber ist sie noch nie dort gewesen, obwohl sie selber Kosovarin ist.
Sie sei als Vierjährige aus Albanien in die Schweiz gekommen, sagt Luljeta Bislimi und habe kaum Verwandte in ihrer alten Heimat. «Ich habe die Aktion aber nicht gestartet, weil Amsera eine Kosovarin ist», betont sie. «Ich hätte das auch für jeden anderen getan.» Nach dem Tsunami in Thailand habe sie in der Schule beispielsweise Geld für die Glückskette gesammelt. Und als es vor zwei Wochen so kalt war, hatten sie und ihre Schwester günstige Handschuhe gekauft und diese an Obdachlose in Konstanz verteilt. «Ich finde es einfach wichtig, anderen zu helfen.»
Luljeta Bislimi hofft jedoch insgeheim, dass sie die Vorurteile der Schweizer gegenüber Albanern und Kosovaren etwas abschwächen oder widerlegen kann. Denn viele würden schlecht über Menschen dieser Nationalitäten denken. «Das bekomme ich leider fast jeden Tag zu spüren.»