Die Macht der Verbindung

KREUZLINGEN. Die SP und die CVP gewannen bei den Grossratswahlen je einen Sitz dazu. Beide profitierten von Listenverbindungen. Ganz ohne Listenverbindungen zwischen Parteien hätten diese Sitze die SVP und die FDP zugesprochen erhalten.

Urs Brüschweiler
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Listenverbindungen sind eine komplexe Materie. Doch sie können grosse Auswirkungen haben. Besonders heftig gespürt hat dies im letzten Herbst die Thurgauer FDP. Sie verlor ihren einzigen Nationalratssitz an die Grünliberalen, obwohl sie mehr als doppelt so viele Stimmen erhielt, wie diese. Denn im Gegensatz zu den Freisinnigen, die alleine an den Start gingen, verbanden sich die Grünliberalen mit der BDP, der EDU und der EVP und überholten dadurch die FDP.

Ein kleines Déjà-vu erlebte die Kreuzlinger FDP-Bezirkspartei nun letzten Sonntag bei den Grossratswahlen. Zwar konnte sie ihren Stimmenanteil und ihre drei Sitze halten, musste aber zusehen, wie die SP und die CVP je einen Sitz dazugewannen. Die SP darf nun vier Vertreter in den Grossen Rat schicken, obwohl sie über 2000 Stimmen weniger erhielt als die FDP.

SP in der Stadt stärker als SVP

Die Sozialdemokraten profitierten von den Stimmen der Jungsozialen und den Grünen, mit denen sie eine Verbindung eingegangen waren. Beachtlich ist auch, dass die SP (gemeinsam mit den Juso) in der Stadt Kreuzlingen sogar die SVP überflügelte.

Ein krasses Missverhältnis zeigt sich auf den ersten Blick, wenn man die FDP mit der CVP vergleicht. Letztere verlor 3,4 Prozent ihres Stimmenanteils und machte 14 447 Parteistimmen, gewann aber dennoch einen zusätzlichen Sitz. Die CVP hat nun gleich viele wie die FDP, welche 23 532 Parteistimmen verbuchte. Zu verdanken hat die CVP dies einzig und allein ihren Listenverbindungen mit der GLP und der BDP. Ihr Bezirkspräsident Bruno Schlauri freute sich am Sonntag auch über das Proporz-Glück.

Szenario ohne Verbindungen

An ihrem Schicksal hätte die FDP aber auch mit einer Listenverbindung mit der SVP nichts geändert. Die Sitzverteilung unter den Parteien wäre genau gleich ausgefallen. Interessant wird es jedoch, wenn man die Ergebnisse der Grossratswahlen durchrechnet, unter der Prämisse, dass es gar keine Listenverbindungen zwischen den Parteien gegeben hätte. Die SVP und die FDP hätten dann je einen Sitz dazugewonnen, die SP und die CVP dafür nicht. BDP und die Grünliberalen hätten trotzdem einen Sitz ergattert. Ein spannendes Szenario, wenn auch nicht realistisch.

Dass man auch mit einer Verbindung mit der SVP keinen Sitz mehr gewonnen hätte, bestätigt die FDP in ihrer Haltung. Sie hatte ein Angebot der SVP zur Listenverbindung. Die Versammlung der Freisinnigen im Bezirk Kreuzlingen entschied sich aber gegen jede Verbindung mit anderen Parteien. Vorstandsmitglied Daniel Leuthard erklärt dies mit grundsätzlicher Skepsis gegenüber Listenverbindungen. «Viele Wähler sehen nicht dahinter und statistisch gesehen gewinnt dabei häufiger der grössere Partner.» Für die FDP bleibt also die Gewissheit, keinen Sitz verschenkt zu haben.