Die Buchhandlung verschwindet

Mit der Papeterie/Buchhandlung Mumenthaler schliesst Ende Januar eines der alteingesessensten Ladengeschäfte in Arbon. Und die Altstadt wird wieder ein Fachgeschäft mit Qualität weniger haben. Dafür kommt neu ein Allerleiladen.

Max Eichenberger
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Das Ende einer Tradition: Ende Januar hören Ursula und Dieter Bleifuss-Mumenthaler auf.

Das Ende einer Tradition: Ende Januar hören Ursula und Dieter Bleifuss-Mumenthaler auf.

Dass Ursula und Dieter Bleifuss in ihrer Papeterie/Buchhandlung, die sie 1976 vom (Schwieger-)vater übernommen haben, aufhören werden, war zwar absehbar. Die Pensionierung rückte für die beiden näher. «Mittlerweile bin ich zwei Jahre drüber, meine Frau ein Jahr», sagt Dieter Bleifuss.

Kein Nachfolger

Bemüht waren sie, einen Nachfolger zu finden. So, wie sich derzeit die gesamte Einkaufslandschaft und wirtschaftliche Struktur der Altstadt präsentiert, erwies sich eine solche angestrebte Lösung als zunehmend hoffnungslos. «Über lange Zeit haben wir in Fachzeitschriften inseriert – erfolglos.» Jemand Neuer liess sich nicht finden, um das Geschäft weiterzuführen, und der in der ziemlich entleerten, tristen Einkaufsmeile im «Städtli» eine existenzsichernde Zukunft sah.

Dabei wäre der Horizont absehbar mit der neuen in der Projektierung befindlichen Strasse, die den Durchgangsverkehr aus der Kernzone wegnimmt. Das dürfte aber frühestens in fünf Jahren Tatsache werden. Für die Inhaber ist das zu spät.

Secondhand- und Allerleiladen

Immerhin haben Bleifuss' einen Mieter für das Lokal gefunden. Mit Laden und Büro sind das 135 Quadratmeter. Bis 15. Februar muss der Laden leergeräumt sein. Am 1. März eröffnet Reto Gmür dort einen Allerleiladen. «Im Angebot werden sich vor allem Secondhand-Artikel und Restposten finden», sagt Gmür, der schon einmal ein Brockenhaus betrieben hat: «Ich werde mich auf Kleinwaren, Glaswaren, Schmuck und Uhren spezialisieren.» Gmür mietet den Ladenraum mitsamt dem Mobiliar, das ihm der Vermieter unentgeltlich überlässt. Bis 31. Januar muss deshalb alles aus den Regalen weg sein.

Schnäppchen bei Liquidation

«Auf Artikel, die wir nicht retournieren können, gibt es einen Liquidationsrabatt von 50 Prozent.» Und auf Artikel, bei denen wir vom Grossisten Rücknahmegarantie haben, geben wir einen Abschlag von 10 Prozent sozusagen als Abschiedsgeschenk an unsere Kunden weiter», sagt Bleifuss. Da warten einige Schnäppchen, wie etwa der edle MarkenFüllfederhalter, der noch 75 statt 150 Franken kostet. Oder ein Gauguin-Bildband für 10 Franken, farbige Briefbögen, Karten und Bastelsachen. «Im Laden an der Rathausgasse 6 kann man ungeniert stöbern.»

«Was machen wir auch ohne Sie?»

Mit Wehmut, aber auch Verständnis reagiert die Kundschaft. Und Ungewissheit, wenn es eine gewohnte Anlaufadresse nicht mehr gibt. Seufzer wie «Was machen wir auch ohne Sie?» hätten seine Frau und er zu hören bekommen, berichtet Dieter Bleifuss. Grössere Kunden lässt er nicht ganz im Stich: Für sie führt er weiter Büromaterial-Bestellungen aus mitsamt Lieferung. Ein kleines Lager verbleibe in der Wohnung über dem Ladenlokal im Haus, das über 200 Jahre alt ist.

Grosse sogen Kundschaft ab

Wie andere Geschäfts im Städtli haben Bleifuss' schmerzlich fühlen müssen, wie Migros und Coop mitsamt Geschäften in ihrem Umfeld Kundschaft absogen. Die Frequenzen gingen zurück. Einige Fachgeschäfte mussten kapitulieren. Und sich nur schon über Wasser zu halten, war für manche schwer genug. Angefangen hatte der schleichende Aderlass 1961 mit dem Auszug von Oscar Weber aus dem Städtli an die St. Gallerstrasse (heute Otto's).

Handicap bleibt trotz Strasse

Dass mit einer Entlastungsstrasse («dazu müssen die Stimmbürger erst noch Ja sagen») das Städtli einfach so aufblüht, glaubt Bleifuss nicht. Es brauche schon ein verstärktes Engagement der Stadt. Ein grosses Handicap würde das Städtli weiterhin tragen: «Es ist nämlich – anders als in Altstätten oder in der von Stadtammann Martin Klöti viel zitierten Stadt Rapperswil – zu weit weg von den Einkaufscentern Coop und Migros.» Selbst wenn Migros aufs König-Areal zieht.